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Mindest-Ist-Besteuerung

Normen

§ 13 Abs. 1 Nr. 1a Satz 4 UStG

Information

1. Allgemeines

Bei größeren Aufträgen ist es üblich, dass vor Fertigstellung des Auftrages Abschlagszahlungen oder Vorauszahlungen geleistet oder vereinnahmt werden (z.B. in der Baubranche). Aber auch bei vielen anderen Geschäften werden häufig vor der Ausführung von Leistungen Anzahlungen oder Vorauszahlungen geleistet.

Gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG sind sämtliche vereinnahmten Zahlungen vor Ausführung der gesamten Leistung der Umsatzsteuer zu unterwerfen, egal, wie hoch die Zahlung ist. Bis zum 01.01.1994 mussten Anzahlungen von mindestens 10.000 DM vorliegen, damit die Umsatzsteuer entstand (daher auch der Begriff „Mindest-Ist-Besteuerung“).

2. Voraussetzungen

Damit die Umsatzsteuer vor Ausführung der Leistung entsteht müssen folgende Bedingungen vorliegen:

  1. Es müssen alle maßgeblichen Elemente der künftigen Lieferung oder sonstigen Leistung bekannt sein.

  2. Es muss eine Zahlung vor vollständiger Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung getätigt bzw. vereinnahmt werden.

Insbesondere müssen der Gegenstand oder die Dienstleistung genau bestimmt sein. An- und Vorauszahlungen für nicht klar bestimmte Lieferungen oder Dienstleistungen unterliegen nicht der Umsatzsteuer, vgl. EuGH, 21.02.2006 – C 419/02, BFH/NV 2006, 273.

Beispiel:

Der Heizungsinstallateur H hat den Auftrag, für den privaten Kunden K die Heizungsinstallation für dessen Einfamilienhaus vorzunehmen. Er schreibt nach Fertigstellung der Rohinstallation folgende Rechnung:

Für die Rohinstallation erlaube ich mir als Abschlag in Rechnung zu stellen:

40 % der Auftragssumme =

10.000 EUR

Der Kunde zahlt auf diese Rechnung

am 02.06.01

4.000 EUR

am 04.07.01

4.000 EUR

am 02.08.01

2.000 EUR

Lösung:

Der Heizungsinstallateur hat in der Umsatzsteuervoranmeldung Juni und Juli jeweils die Umsatzsteuer in Höhe von 638,66 EUR (aus brutto 4.000 EUR ) und in der Umsatzsteuervoranmeldung August 319,33 EUR (aus brutto 2.000 EUR ) anzumelden und abzuführen. Wäre der Kunde ein Unternehmer und die Leistung wäre für sein Unternehmen erbracht worden, so hätte er einen Anspruch auf Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis.

Praxistipp:

Bei der Erstellung von Schlussrechnungen sind Besonderheiten für die in Rechnung gestellten Abschlagszahlungen zu beachten, sonst muss unter Umständen die Umsatzsteuer doppelt abgeführt werden.

3. Vereinnahmung des Entgelts

Die Vereinnahmung des Entgelts ist je nach Zahlungsmittel zu unterschiedlichen Zeitpunkten anzunehmen:

Zahlungsmittel

Zeitpunkt der Vereinnahmung

Fundstelle

Bargeld

Betrag ist mit der Übergabe des Bargeldes vereinnahmt.

Überweisung

Bei Banküberweisungen ist der Wert des überwiesenen Betrages erst dann dem Empfänger zugeführt, wenn die Gutschrift auf dem Empfängerkonto erfolgt ist.

BFH, 11.12.1990 – VIII R 8/87, BStBl II 1992, 232

Scheck

Zahlungen durch Scheck sind grundsätzlich mit der Übergabe des Schecks zugeflossen.

BFH, 20.03.2001 – IX R 97/97, BStBl II 2001, 482

Wechsel

Bei einem zahlungshalber hingegebenen Wechsel ist die Wechselsumme dem Wechselnehmer zugeflossen, wenn sie ihm aufgrund Diskontierung des Wechsels zur Verfügung steht.

BFH, 20.03.2001 – IX R 97/97, BStBl II 2001, 482 m.w.N.

4. Anzahlungen ohne spätere Leistung

Vereinnahmt der Unternehmer eine Anzahlung, ohne die hierfür geschuldete Leistung zu erbringen, kommt es erst mit der Rückgewähr der Anzahlung zur Minderung der Umsatzsteuer-Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG (BFH, 02.09.2010 – V R 34/09, BFH/NV 2011, 383).

5. Anzahlungen für steuerfreie Lieferungen / Leistungen

Werden Anzahlungen für nach dem UStG steuerfreie Lieferungen / Leistungen vereinnahmt, muss keine Umsatzsteuer abgeführt werden. Ist aber im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlung noch nicht hinreichend klar, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung vorliegen, ist die vereinnahmte Anzahlung zunächst der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

6. Fahrschule

Grundsätzlich entsteht bei Fahrschulen die Steuerschuld mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem der Schüler die letzte Fahrstunde (Prüfungsfahrt) beendet hat. Werden vor Ablegung der Prüfung Anzahlungen geleistet, entsteht die Steuerschuld mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem die Anzahlung vereinnahmt wird.

7. Organschaft

Die Regelung über die Entstehung der Steuer für vereinnahmte Anzahlungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG enthält einen selbstständigen und abschließenden Steuerentstehungstatbestand. Von einem Organträger versteuerte Anzahlungen für Leistungen, die erst nach Beendigung der Organschaft abschließend erbracht werden, sind bei der Steuerfestsetzung gegenüber der vormaligen Organgesellschaft steuermindernd zu berücksichtigen (BFH, 21.06.2001 – V R 68/00, BStBl II 2002, 255).

Siehe auch

IstbesteuerungRechnung – Anzahlung

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