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Bewertung des Grundvermögens

Normen

§ 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 157 BewG

§ 159 BewG

§§ 176 bis 198 BewG

Information

Inhaltsübersicht

  1. 1.
  2. 2.
  3. 3.
  4. 4.
  5. 5.
  6. 6.
  7. 7.
  8. 8.
  9. 9.
  10. 10.

1. Allgemeines

Nach § 12 Abs. 3 ErbStG ist Grundbesitz (§ 19 Abs. 1 BewG) mit dem nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG auf den Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) festgestellten Wert anzusetzen. Abzustellen ist insoweit auf die Grundbesitzwerte (§ 157 BewG). Diese sind unter Anwendung der §§ 159 und 176 bis 198 BewG zu ermitteln.

2. Abgrenzung land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen – Grundvermögen, § 159 BewG

Land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen zählen dann zum Grundvermögen, wenn nach ihrer Lage, den am Bewertungsstichtag bestehenden Verwertungsmöglichkeiten oder den sonstigen Umständen anzunehmen ist, dass sie in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken (Bauland, Industrieland oder Land für Verkehrszwecke) dienen werden (§ 159 Abs. 1 BewG).

3. Grundvermögen, § 176 BewG

Zum Grundvermögen gehören

  1. 1.

    der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör

  2. 2.

    das Erbbaurecht

  3. 3.

    das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbaurecht nach dem WEG.

Soweit es sich um land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§§ 158 und 159 BewG) oder um Betriebsgrundstücke (§ 99 BewG) handelt, gehört der Grundbesitz jedoch nicht zum Grundvermögen i.S.d. § 176 BewG. Ebenfalls nicht in das Grundvermögen einzubeziehen sind Bodenschätze (vgl. auch § 12 Abs. 4 ErbStG) und Betriebsvorrichtungen. Letztere sind gesondert anzusetzen und zwar mit dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) oder dem Teilwert (§ 10 BewG).

4. Bewertungsmaßstab, § 177 BewG

Bei der Bewertung des Grundvermögens ist der gemeine Wert nach § 9 BewG zugrunde zu legen. Dieser entspricht dem Verkehrswert (Marktwert) nach § 194 BauGB (R B 177 ErbStR 2011).

Insoweit ist auf die Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (ImmoWertV) vom 19.05.2010 (BGBl I 2010, 639) hinzuweisen.

5. Bewertung unbebauter Grundstücke, §§ 178 bis 179 BewG

Unbebaute Grundstücke i.S.d.§ 178 Abs. 1 Satz 1 BewG sind Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden (vgl. zum Begriff des unbebauten Grundstücks R B 178 ErbStR 2011; zum Gebäudebegriff s. Gleich lautende Ländererlasse vom 15.3.2006, BStBl I 2006, 314).

Der Wert unbebauter Grundstücke bestimmt sich gem. § 179 BewG regelmäßig nach ihrer Fläche und den von den Gutachterausschüssen zuletzt ermittelten Bodenrichtwerten (§ 196 BauGB).

Wird von den Gutachterausschüssen kein Bodenrichtwert nach § 196 BauGB ermittelt, ist der Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten.

Die Bodenrichtwerte (s. auch Bodenrichtwertrichtlinie – BRW-RL – vom 11.01.2011, Bundesanzeiger Nr. 24 Seite 597) sind durchschnittliche Lagewerte, die von den Gutachterausschüssen nach § 196 BauGB auf Grund der Kaufpreissammlung flächendeckend unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustandes ermittelt und den Finanzämtern mitgeteilt werden (R B 179.1 Abs. 1 ErbStR 2011).

6. Bewertung bebauter Grundstücke, §§ 180 bis 197 BewG

Bebaute Grundstücke sind Grundstücke, auf denen sich benutzbare Gebäude befinden (§ 180 Abs. 1 Satz 1 BewG.

Die bebauten Grundstücke werden in sechs Grundstücksarten unterteilt (§ 181 BewG):

1. Ein- und Zweifamilienhäuser Hierbei handelt es sich um Wohngrundstücke, die bis zu zwei Wohnungen enthalten und kein Wohnungseigentum sind.
2. Mietwohngrundstücke Hierunter fallen Grundstücke, die (nach der Wohn- oder Nutzfläche berechnet) zu mehr als 80 % Wohnzwecken dienen und kein Einfamilienhaus oder Zweifamilienhaus sind.
3. Wohnungs- und Teileigentum Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.
4. Geschäftsgrundstücke Hierunter fallen Grundstücke, die (nach der Wohn- und Nutzfläche berechnet) zu mehr als 80 % eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und nicht Teileigentum sind.
5. Gemischt – genutzte Grundstücke Hierzu gehören Grundstücke, die teils Wohnzwecken und teils eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und nicht unter die Nr. 1 bis 4 fallen.
6. Sonstige bebaute Grundstücke Hierunter fallen alle anderen Grundstücke, die nicht zu 1-5 gehören. das sind z.B. Turnhallen, Altersheime, Klubheime, Kindergärten etc.

Zur Wertermittlung der bebauten Grundstücke sind drei Verfahren vorgesehen:

  • Vergleichswertverfahren, § 182 Abs. 2 ErbStG und § 183 ErbStG,

  • Ertragswertverfahren, § 182 Abs. 3 ErbStG und §§ 184 – 188 ErbStG,

  • Sachwertverfahren, § 182 Abs. 4 ErbStG und § 189 – 191 ErbStG.

6.1 Vergleichswertverfahren, § 183 BewG

Im Vergleichswertverfahren sind grundsätzlich die folgenden Objekte zu bewerten:

  • Wohnungseigentum,

  • Teileigentum,

  • Ein- und Zweifamilienhäuser.

6.1.1 Vergleichspreise

Voraussetzung ist, dass der Gutachterausschuss entsprechende Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren ermittelt hat. Ansonsten können die bei der Finanzverwaltung vorliegenden Unterlagen zu Vergleichspreisen berücksichtigt werden (R B 182 Abs. 2 ErbStR 2011). Es muss eine ausreichende Zahl von Vergleichspreisen geben, nur ausnahmsweise kann ein einziger Vergleichspreis genügen (Hinweis B 183 (2) ErbStH 2011).

Bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens sind nach § 183 Abs. 1 BewG Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (sog. Vergleichsgrundstücke).

Von einer solchen Übereinstimmung kann ausgegangen werden, wenn die Vergleichgrundstücke insb. hinsichtlich ihrer Lage, Art und Maß der baulichen Nutzung, Größe, Erschließungszustand, Gebäudeart und Alter des Gebäudes mit dem zu bewertenden Grundstück weitgehend übereinstimmen bzw. die Abweichungen in sachgerechter Weise berücksichtigt werden können (R B 183 Abs. 2 ErbStR 2011).

Grundlage sind primär die von den Gutachterausschüssen i.S.d. §§ 192 ff. BauGB mitgeteilten Vergleichspreise. Sind mehrere Vergleichspreise vorhanden, dann soll der Durchschnittswert angesetzt werden (R B 183 Abs. 2 ErbStR 2011).

Hinweis:

Nach Ansicht der Finanzverwaltung (Hinweis B 183 (2) ErbStH 2011) kann als Vergleichspreis auch der tatsächlich für das zu bewertende Grundstück innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag unter fremden Dritten erzielte Kaufpreis gelten. Dies ist aber nur dann möglich, wenn in der Zwischenzeit keine Änderungen der Wertverhältnisse eingetreten sind und dem Verkauf keine ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnisse zu Grunde gelegen haben.

6.1.2 Andere Vergleichsfaktoren

Anstelle von Preisen für Vergleichsgrundstücke können von den Gutachterausschüssen für geeignete Bezugseinheiten – insb. Flächeneinheiten des Gebäudes – ermittelte und mitgeteilte Vergleichsfaktoren herangezogen werden (§ 183 Abs. 2 BewG).

Vergleichsfaktoren sind dann geeignet, wenn die Grundstücksmerkmale der ihnen zugrunde liegenden Grundstücke hinreichend mit denen des zu bewertenden Grundstücks übereinstimmen oder es möglich ist, Abweichungen in sachgerechter Weise zu berücksichtigen (R B 183 Abs. 3 ErbStR 2011).

6.1.3 Besonderheiten

Besonderheiten, insb. Wert beeinflussende Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, werden im Vergleichswertverfahren nicht berücksichtigt (§ 183 Abs. 3 BewG).

6.2 Ertragswertverfahren, § 184 BewG

Im Ertragswertverfahren sind nach § 182 Abs. 3 BewG die folgenden Objekte zu bewerten:

  • Mietwohngrundstücke,

  • Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt.

Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens ist der Wert des Gebäudes (Gebäudeertragswert) getrennt von dem Bodenwert (Wert des unbebauten Grundstücks nach § 179 ErbStG) auf der Grundlage des Ertrags nach § 185 BewG zu ermitteln (§ 184 Abs. 1 und 2 BewG).

Der Bodenwert und der Gebäudeertragswert (§ 185 BewG) ergeben den Ertragswert (Grundbesitzwert) des Grundstücks. Als Ertragswert ist mindestens der Bodenwert anzusetzen. Sonstige bauliche Anlagen, insb. Außenanlagen, sind regelmäßig mit dem Ertragswert des Gebäudes abgegolten (§ 184 Abs. 3 Satz 3 BewG).

6.2.1 Ermittlung des Gebäudeertragswerts, § 185 BewG

Für die Ermittlung des Gebäudeertragswerts ist von dem Reinertrag des Grundstücks auszugehen. Dieser ergibt sich aus dem Rohertrag des Grundstücks (§ 186 BewG) abzgl. der Bewirtschaftungskosten (§ 187 BewG) , vgl. § 185 Abs. 1 BewG.

Der Reinertrag des Grundstücks ist um den Betrag zu vermindern, der sich durch eine angemessene Verzinsung des Bodenwerts ergibt. Dafür ist der Bodenwert mit dem angemessenen und nutzungstypischen Liegenschaftszinssatz (§ 188 BewG) zu multiplizieren R B 185.1 Abs. 2 ErbStR 2011). Das Ergebnis stellt den Gebäudereinertrag, dar, vgl. § 185 Abs. 2 Satz 1 und 2 BewG.

Ist das Grundstück wesentlich größer, als es einer den Gebäuden angemessenen Nutzung entspricht, und ist eine zusätzliche Nutzung oder Verwertung einer Teilfläche zulässig und möglich, ist bei der Berechnung des Verzinsungsbetrags der Bodenwert dieser Teilfläche nicht zu berücksichtigen (§ 185 Abs. 2 Satz 3 BewG).

Der Gebäudereinertrag ist mit dem sich aus der Anlage 21 zum BewG ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren (§ 185 Abs. 3 Satz 1 BewG).

Maßgebend für den Vervielfältiger sind hierbei der Liegenschaftszinssatz und die Restnutzungsdauer des Gebäudes (§ 185 Abs. 3 Satz 2 BewG).

Auszug aus derAnlage 21 zum BewGzum Vervielfältiger:

Restnutzungsdauer; Restlaufzeit des Erbbaurechts bzw.des Nutzungsrechts(in Jahren) Zinssatz
3 % 3,5 % 4 % 4,5 % 5 % 5,5 % 6 % 6,5 % 7 % 7,5 % 8 %
1 0,97 0,97 0,96 0,96 0,95 0,95 0,94 0,94 0,93 0,93 0,93
2 1,91 1,90 1,89 1,87 1,86 1,85 1,83 1,82 1,81 1,80 1,78
3 2,83 2,80 2,78 2,75 2,72 2,70 2,67 2,65 2,62 2,60 2,58
4 3,72 3,67 3,63 3,59 3,55 3,51 3,47 3,43 3,39 3,35 3,31
5 4,58 4,52 4,45 4,39 4,33 4,27 4,21 4,16 4,10 4,05 3,99
6 5,42 5,33 5,24 5,16 5,08 5,00 4,92 4,84 4,77 4,69 4,62
7 6,23 6,11 6,00 5,89 5,79 5,68 5,58 5,48 5,39 5,30 5,21
8 7,02 6,87 6,73 6,60 6,46 6,33 6,21 6,09 5,97 5,86 5,75
9 7,79 7,61 7,44 7,27 7,11 6,95 6,80 6,66 6,52 6,38 6,25
10 8,53 8,32 8,11 7,91 7,72 7,54 7,36 7,19 7,02 6,86 6,71
20 14,88 14,21 13,59 13,01 12,46 11,95 11,47 11,02 10,59 10,19 9,82
30 19,60 18,39 17,29 16,29 15,37 14,53 13,76 13,06 12,41 11,81 11,26
40 23,11 21,36 19,79 18,40 17,16 16,05 15,05 14,15 13,33 12,59 11,92
50 25,73 23,46 21,48 19,76 18,26 16,93 15,76 14,72 13,80 12,97 12,23
60 27,68 24,94 22,62 20,64 18,93 17,45 16,16 15,03 14,04 13,16 12,38
70 29,12 26,00 23,39 21,20 19,34 17,75 16,38 15,20 14,16 13,25 12,44

Die Restnutzungsdauer wird grundsätzlich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die sich aus der Anlage 22 zum BewG ergibt, und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag ermittelt (§ 186 Abs. 3 Satz 3 BewG).

Anlage 22 zum BewGzur wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer:

Einfamilien- und Zweifamilienhäuser 80 Jahre
Mietwohngrundstücke 80 Jahre
Wohnungseigentum 80 Jahre
Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und sonstige bebaute Grundstücke:
Gemischt genutzte Grundstücke (mit Wohn- und Gewerbeflächen) 70 Jahre
Hochschulen (Universitäten) 70 Jahre
Saalbauten (Veranstaltungszentren) 70 Jahre
Kur- und Heilbäder 70 Jahre
Verwaltungsgebäude 60 Jahre
Bankgebäude 60 Jahre
Schulen 60 Jahre
Kindergärten (Kindertagesstätten) 60 Jahre
Altenwohnheime 60 Jahre
Personalwohnheime (Schwesternwohnheime) 60 Jahre
Hotels 60 Jahre
Sporthallen (Turnhallen) 60 Jahre
Kaufhäuser, Warenhäuser 50 Jahre
Ausstellungsgebäude 50 Jahre
Krankenhäuser 50 Jahre
Vereinsheime (Jugendheime, Tagesstätten) 50 Jahre
Parkhäuser (offene Ausführung, Parkpaletten) 50 Jahre
Parkhäuser (geschlossene Ausführung) 50 Jahre
Tiefgaragen 50 Jahre
Funktionsgebäude für Sportanlagen (z.B. Sanitär- und Umkleideräume) 50 Jahre
Hallenbäder 50 Jahre
Industriegebäude, Werkstätten ohne Büro- und Sozialtrakt 50 Jahre
Industriegebäude, Werkstätten mit Büro- und Sozialtrakt 50 Jahre
Lagergebäude (Kaltlager) 50 Jahre
Lagergebäude (Warmlager) 50 Jahre
Lagergebäude (Warmlager mit Büro- und Sozialtrakt) 50 Jahre
Einkaufsmärkte, Großmärkte, Läden 40 Jahre
Tennishallen 40 Jahre
Reitsporthallen 40 Jahre

Teileigentum ist in Abhängigkeit von der baulichen Gestaltung den vorstehenden Gebäudeklassen zuzuordnen.

Wenn nach Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten sind, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verlängert oder verkürzt haben, ist von einer der Verlängerung oder Verkürzung entsprechenden Restnutzungsdauer auszugehen (§ 185 Abs. 3 Satz 4 BewG).

Hinweis:

Die Restnutzungsdauer eines noch nutzbaren Gebäudes beträgt regelmäßig mindestens 30 % der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (§ 185 Abs. 3 Satz 5 BewG).

Hinweis:

Zusammengefasst wird der Gebäudeertragswert wie folgt ermittelt:

Feststellung des Reinertrags des Grundstücks

Rohertrag des Grundstücks (§ 186 BewG) minus Bewirtschaftungskosten (§ 187 BewG) = Reinertrag des Grundstücks

Reinertrag des Grundstücks minus angemessene Verzinsung des Bodenwerts (Liegenschaftszinssatz, § 188 BewG) = Gebäudereinertrag

Gebäudereinertrag ist zu kapitalisieren (Vervielfältiger aus Anlage 21 zum BewG, dieser ist abhängig von dem Liegenschaftszinssatz und der Restnutzungsdauer des Gebäudes).

Ergebnis = Gebäudeertragswert

6.2.2 Rohertrag des Grundstücks, § 186 BewG

6.2.2.1 Vereinbarte Miete

Der Rohertrag des Grundstücks ist nach § 186 Abs. 1 BewG das Entgelt, das der Mieter oder Pächter für die Benutzung des bebauten Grundstücks nach den am Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen hat. Dies gilt auch für öffentlich geförderten Wohnraum (R B 186.1 Abs. 1 ErbStR 2011). Hierbei sind Umlagen, die zur Deckung der Betriebskosten gezahlt werden, nicht anzusetzen.

Hinweis:

Sofern Betriebskosten pauschal erhoben und nicht mit dem Mieter abgerechnet werden, gehören sie zum Entgelt. Davon abzuziehen sind die tatsächlich angefallenen Betriebskosten (R B 186.2 Abs. 1 ErbStR 2011).

Trägt der Mieter Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten, die nicht unter die üblichen Schönheitsreparaturen fallen, so sind diese Kosten der Jahresmiete hinzuzurechnen (R B 186.2 Abs. 2 ErbStR 2011).

Bei dem Entgelt i.S.d. § 186 Abs. 1 BewG handelt es sich nicht um die tatsächlich gezahlte, sondern um die vertraglich vereinbarte Miete (R B 186.1 Abs. 1 ErbStR 2011).

6.2.2.2 Übliche Miete

In folgenden Fällen ist nach § 186 Abs. 2 BewG die übliche Miete anzusetzen:

Für Grundstücke oder Grundstücksteile,

  • die eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen sind,

  • die der Eigentümer dem Mieter zu einer um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat.

Hierbei ist die übliche Miete in Anlehnung an die Miete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Dabei sind Betriebskosten nicht einzubeziehen.

Der Ermittlung der üblichen Miete können dienlich sein (R B 186.5 Abs. 1 ErbStR 2011):

  • Vergleichsmieten

  • Mietspiegel

  • Mietdatenbanken

  • Mietgutachten

6.2.3 Bewirtschaftungskosten, § 187 BewG

Als Bewirtschaftungskosten gelten die bei gewöhnlicher Bewirtschaftung nachhaltig entstehenden Verwaltungskosten, Betriebskosten, Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis. Durch Umlagen gedeckte Betriebskosten bleiben hierbei unberücksichtigt (§ 187 Abs. 1 BewG).

Die Bewirtschaftungskosten sind primär nach Erfahrungssätzen anzusetzen (tatsächlich entstandene Kosten sind nicht zu berücksichtigen, R B 187 ErbStR 2011). Soweit von den Gutachterausschüssen i.S.d. §§ 192 ff. BauGB keine geeigneten Erfahrungssätze zur Verfügung stehen, ist von pauschalierten Bewirtschaftungskosten nach Anlage 23 zum BewG auszugehen (§ 187 Abs. 2 BewG).

Die pauschalierten Bewirtschaftungskosten für Verwaltung, Instandhaltung und Mietausfallwagnis in Prozent der Jahresmiete oder üblichen Miete (ohne Betriebskosten) nach Anlage 23 zum BewG:

Restnutzungsdauer Grundstücksart
1 2 3 4
Mietwohngrundstück gemischt genutztes Grundstück mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 % (berechnet nach der Wohn- bzw. Nutzfläche) gemischt genutztes Grundstück mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50% (berechnet nach der Wohn- bzw. Nutzfläche) Geschäftsgrundstück
ab 60 Jahre 21 21 18
40 bis 59 Jahre 23 22 20
20 bis 39 Jahre 27 24 22
19 Jahre und weniger 29 26 23

6.2.4 Liegenschaftszinssatz, § 188 BewG

Der Liegenschaftszinssatz ist der Zinssatz, mit dem der Verkehrswert von Grundstücken im Durchschnitt marktüblich verzinst wird. Hierbei sind die von den Gutachterausschüssen i.S.d. §§ 192 ff. BauGB ermittelten örtlichen Liegenschaftszinssätze anzuwenden.

Soweit von den Gutachterausschüssen keine geeigneten Liegenschaftszinssätze zur Verfügung stehen, gelten die folgenden Zinssätze:

  • 5 % für Mietwohngrundstücke,

  • 5,5 % für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 %, berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche,

  • 6 % für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50 %, berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche, und

  • 6,5 % für Geschäftsgrundstücke.

6.2.5 Beispiel zur Bewertung nach dem Ertragswertverfahren

Eigentümer E besitzt ein vermietetes Mehrfamilienhaus in Hamburg.

Für das 1964 auf einem 800 m2 großen Grundstück erbaute Haus mit acht Wohneinheiten erzielt E eine Jahresnettomiete von 80.000 EUR.

Der aktuelle Bodenrichtwert liegt bei 400 EUR/m2. Liegenschaftszinssätze von den Gutachterausschüssen stehen nicht zur Verfügung.

Ermittlung des Bodenwertes (Fläche X Bodenrichtwert), § 184 Abs. 2 BewGi.V.m. 179BewG:

800 m2 x 400 EUR/ m2 = 320.000 EUR

Ermittlung des Gebäudeertragswertes, § 184 Abs. 1 BewGi.V.m.§ 185 BewG:

1. Rohertrag des Grundstücks, § 186 BewG (Jahresnettokaltmiete) = 80.000 EUR

2. abzgl. der Bewirtschaftungskosten, § 187 BewG, pauschal nach Anlage 23 zum BewG (hier Restnutzungsdauer des Mietwohngrundstücks 80 Jahre ./. 45 Jahre = 35 Jahre), also 27 % pauschalierte Bewirtschaftungskosten für Verwaltung, Instandhaltung und Mietausfallwagnis in % der Jahresnettokaltmiete (27% von 80.000 EUR) = 21.600 EUR

= Reinertrag des Grundstücks, § 185 Abs. 1 BewG (80.000 EUR ./. 21.600 EUR)

= 58.400 EUR.

3. abzgl. Verzinsung des Bodenwertes, § 185 Abs. 2 BewG i.V.m. § 188 BewG:

hier nach § 188 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BewG: 5 % des Bodenwertes von 320.000 EUR = 16.000 EUR.

= Gebäudereinertrag, § 185 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BewG = (58.400 EUR ./. 16.000 EUR)

= 42.400 EUR.

4. Kapitalisierung des Gebäudereinertrags mit dem Vervielfältiger aus Anlage 21 zum BewG, § 185 Abs. 3 S. 1 BewG, hier Faktor 16,37 (bei einer Restnutzungsdauer des Mietwohngrundstücks von 35 Jahren und einem Zinssatz von 5 %, vgl. Anlage 21 zum BewG)

= Gebäudeertragswert, hier 694.088 EUR.

+ Bodenwert in Höhe von 320.000 EUR

= 1.014.088 EUR Grundbesitzwert nach dem Ertragswertverfahren

6.3 Sachwertverfahren, § 189 BewG

Mit dem Sachwertverfahren werden die folgenden Objekte bewertet:

  • Grundstücke i.S.d. § 182 Abs. 2 BewG (Wohnungseigentum, Teileigentum, Ein- und Zweifamilienhäuser), wenn kein Vergleichswert vorliegt,

  • Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke mit Ausnahme der in § 182 Abs. 3 Nr. 2 BewG (Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt) genannten Grundstücke,

  • sonstige bebaute Grundstücke.

Beim Sachwertverfahren ist der Wert der Gebäude (Gebäudesachwert, vgl. § 190 BewG) getrennt vom Bodenwert (Wert des unbebauten Grundstücks nach § 179 BewG) zu ermitteln. Sonstige bauliche Anlagen, insb. Außenanlagen, und der Wert der sonstigen Anlagen sind regelmäßig mit dem Gebäudewert und dem Bodenwert abgegolten (§ 189 Abs. 1 Satz 2 BewG).

Hinweis:

Die Summe aus Gebäudesachwert und Bodenwert stellt den vorläufigen Sachwert des Grundstücks dar. Dieser muss zur Anpassung an den gemeinen Wert mit einer Wertzahl nach § 191 BewG zu multipliziert werden (§ 189 Abs. 3 BewG).

6.3.1 Ermittlung des Gebäudesachwertes, § 190 BewG

Bei der Ermittlung des Gebäudesachwerts ist von den Regelherstellungskosten des Gebäudes auszugehen (§ 190 Abs. 1 Satz 1 BewG).

6.3.1.1 Regelherstellungskosten, § 190 Abs. 1 BewG

Regelherstellungskosten sind die gewöhnlichen Herstellungskosten je Flächeneinheit.

Der Gebäuderegelherstellungswert errechnet sich wie folgt:

Multiplikation der jeweiligen Regelherstellungskosten mit der Brutto-Grundfläche (BGF) des Gebäudes.

Hinweis:

Bei der Brutto-Grundfläche (R B 190.6 ErbStR 2011) handelt es sich um die Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks mit Nutzungen nach DIN 277-2:2005-02 und deren konstruktive Umschließungen (Anlage 24 zum BewG). Für die Ermittlung der Brutto-Grundfläche sind die äußeren Maße der Bauteile einschließlich Bekleidung, z. B. Putz, Außenschalen mehrschaliger Wandkonstruktionen in Höhe der Boden- bzw. Deckenbelagsoberkanten anzusetzen. Konstruktive und gestalterische Vor- und Rücksprünge, Fuß-Sockelleisten, Schrammborde und Unterschneidungen sowie vorstehende Teile von Fenster- und Türbekleidungen bleiben dabei unberücksichtigt.

Nicht zur Brutto-Grundfläche gehören Flächen, die ausschließlich der Wartung, Inspektion und Instandsetzung von Baukonstruktionen und technischen Anlagen dienen, z. B. nicht nutzbare Dachflächen, fest installierte Dachleitern und -stege, Wartungsstege in abgehängten Decken (R B 190.6 ErbStR 2011).

Die Regelherstellungskosten (RHK) sind in der Anlage 24 zum BewG enthalten.

6.3.1.2 Alterswertminderung, § 190 Abs. 2 BewG

Vom ermittelten Gebäuderegelherstellungswert ist sodann eine Alterswertminderung abzuziehen.

Diese bestimmt sich regelmäßig nach dem Verhältnis des Alters des Gebäudes am Bewertungsstichtag zur wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22 zum BewG (s.o.Ertragswertverfahren). Dabei wird von einer gleichmäßigen jährlichen Wertminderung ausgegangen. Für ein zum Bewertungsstichtag 40 Jahre altes Mietwohngrundstück wäre beispielsweise ein Abschlag für die Alterswertminderung i.H.v. 50% (40 Jahre im Verhältnis zu 80 Jahre) vorzunehmen. Sind nach Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verlängert oder verkürzt haben, ist von einem entsprechenden früheren oder späteren Baujahr auszugehen. Der nach Abzug der Alterswertminderung verbleibende Gebäudewert ist regelmäßig mit mindestens 40 % des Gebäuderegelherstellungswerts anzusetzen.

6.3.2 Wertzahlen, § 191 BewG

Die Summe aus Bodenwert und Gebäudesachwert ergeben den vorläufigen Sachwert des Grundstücks. Dieser vorläufige Sachwert des Grundstücks ist zur Anpassung an den gemeinen Wert mit einer Wertzahl nach § 191 BewG zu multiplizieren (§ 189 Abs. 3 BewG).

Als Wertzahlen sind primär die Sachwertfaktoren anzuwenden, die von den Gutachterausschüssen i.S.d. §§ 192 BauGB für das Sachwertverfahren bei der Verkehrswertermittlung abgeleitet wurden (§ 191 Abs. 1 BewG).

Soweit von den Gutachterausschüssen keine geeigneten Sachwertfaktoren zur Verfügung stehen, sind die in der Anlage 25 zum BewG bestimmten Wertzahlen zu verwenden. (§ 191 Abs. 2 BewG).

6.3.3 Beispiel zur Bewertung nach dem Sachwertverfahren

Eigentümer E bewohnt mit seiner Familie ein ihm gehörendes, auf einem 800 m2 großen Grundstück stehendes und im Jahr 1964 erbautes Einfamilienhaus in Hamburg.

Der aktuelle Bodenrichtwert beträgt 600 EUR/ m2.

Das Haus des E hat eine einfache Ausstattung und besteht aus Keller, Erdgeschoss und ausgebautem Dachgeschoss. Das Haus hat eine Brutto-Grundfläche (= Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen) von 270 m2 und eine Wohnfläche von 180 m2.

Die ortsüblichen Marktmiete des Hauses soll netto 1.800 EUR im Monat betragen. Vergleichspreise von den Gutachterausschüssen liegen für das Objekt des E nicht vor.

Ermittlung des Bodenwertes (Fläche X Bodenrichtwert), § 189 Abs. 2 BewG i.V.m. 179 BewG:

800 m2 x 400 EUR/ m2 = 320.000 EUR

Ermittlung des Gebäudesachwertes, § 190 BewG:

Regelherstellungskosten nach Anlage 24 zum BewG: 670 EUR/ m2
x Brutto-Grundfläche (270 m2)
= Gebäuderegelherstellungswert, § 190 Abs. 1 S. 3 BewG 180.900 EUR

Abzgl. Alterswertminderung, § 190 Abs. 2 BewGi.V.m. Anlage zum 22 BewG:

./. Alter des Hauses: 45 Jahre
./. Wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22 zum BewG: 80 Jahre, also hier Alterswertminderung 56,25 % (45 Jahre / 80 Jahre).
./. 6,25 % von 180.900 EUR = 101.756,25 EUR.
= Gebäudewert i.H.v. 79.143,75 EUR (180.900 ./. 101.756,25 EUR)

Ermittlung des vorläufigen Sachwertes, § 189 Abs. 3 S. 1 BewG:

Bodenwert und Gebäudesachwert = vorläufiger Sachwert, § 189 Abs. 3 S. 1 BewG, hier: 320.000 EUR + 79.143,75 EUR = 399.143,75 EUR
x Wertzahl, § 191 BewG, Anlage 25 zum BewG: hier: x 1,0 = 399.143,75 EUR x 1,0
= 399.143,75 EUR Grundbesitzwert nach dem Sachwertverfahren

7. Bewertung in Erbbaurechtsfällen

Wenn das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet ist, sind nach § 192 BewG die Werte für die wirtschaftliche Einheit Erbbaurecht (§ 193 BewG) und für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks (§ 194 BewG) gesondert zu ermitteln.

Mit der Bewertung des Erbbaurechts (§ 193 BewG) ist die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses und mit der Bewertung des Erbbaurechtsgrundstücks (§ 194 BewG) ist das Recht auf den Erbbauzins abgegolten, die hiernach ermittelten Grundbesitzwerte dürfen nicht weniger als 0 EUR betragen (§ 192 Satz 2 BewG).

7.1 Begriff des Erbbaurechts

Das Erbbaurecht ist das veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Erdoberfläche des belasteten Grundstücks ein Bauwerk zu haben (§ 1 Abs. 1 ErbbauRV).

Das Erbbaurecht und das belastete Grundstück bilden jeweils eine selbstständige wirtschaftliche Einheit (R B 192.1 Abs. 1 ErbStR 2011)

Zivilrechtlich entsteht das Erbbaurecht mit Eintragung in das Grundbuch. Schenkungsteuerrechtlich wird der Entstehungszeitpunkt vorverlegt, es kommt darauf an, wann an dem Grundstück durch notariellen Vertrag ein Erbbaurecht bestellt worden ist und die Vertragsparteien in der Lage sind, die Eintragung im Grundbuch zu bewirken (R B 192.1 Abs. 1 ErbStR 2011).

7.2 Bewertung des Erbbaurechts, § 193 BewG

Wenn für das zu bewertende Erbbaurecht Vergleichskaufpreise oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren vorliegen, ist der Wert des Erbbaurechts im Vergleichswertverfahren nach § 183 BewG zu ermitteln (§ 193 Abs. 1 BewG).

In allen anderen Fällen setzt sich der Wert des Erbbaurechts aus einem Bodenwertanteil nach § 193 Abs. 3 BewG und einem Gebäudewertanteil nach § 193 Abs. 5 BewG zusammen (§ 193 Abs. 2 BewG).

7.2.1 Bodenwertanteil, § 193 Abs. 3 BewG

Der Bodenwertanteil ermittelt sich aus der Differenz zwischen

  • dem angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks nach § 193 Abs. 4 BewG und

  • dem vertraglich vereinbarten jährlichen Erbbauzins.

Der hiernach ermittelte Unterschiedsbetrag ist über die Restlaufzeit des Erbbaurechts mit dem sich aus Anlage 21 zum BewG (s.o.Ertragswertverfahren „Ermittlung des Gebäudeertragswerts, § 185 BewG“) ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren.

Nach § 193 Abs. 4 BewG ergibt sich der angemessene Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks durch Anwendung des von den Gutachterausschüssen gem. §§ 192 ff. BauGB ermittelten Liegenschaftszinssatzes auf den Bodenwert nach § 179 BewG. Soweit von den Gutachterausschüssen keine geeigneten Liegenschaftszinssätze zur Verfügung stehen, gelten die folgenden Zinssätze:

  • 3 % für Ein- und Zweifamilienhäuser und Wohnungseigentum, das wie Ein- und Zweifamilienhäuser gestaltet ist,

  • 5 % für Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum, das nicht unter Nummer 1 fällt,

  • 5,5 % für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 %, berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche, sowie sonstige bebaute Grundstücke,

  • 6 % für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50 %, berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche, und

  • 6,5 % für Geschäftsgrundstücke und Teileigentum.

7.2.2 Gebäudewertanteil, § 193 Abs. 5 BewG

Der Gebäudewertanteil ist

  • bei der Bewertung des bebauten Grundstücks im Ertragswertverfahren der Gebäudeertragswert nach § 185 BewG.

  • bei der Bewertung im Sachwertverfahren der Gebäudesachwert nach § 190 BewG.

Wenn der bei Ablauf des Erbbaurechts verbleibende Gebäudewert nicht oder nur teilweise zu entschädigen ist, ist der Gebäudewertanteil des Erbbaurechts um den Gebäudewertanteil des Erbbaugrundstücks nach § 194 Abs. 4 BewG zu mindern.

7.3 Bewertung des Erbbaugrundstücks, § 194 BewG

Der Wert des Erbbaugrundstücks ist primär im Vergleichswertverfahren nach § 183 BewG zu ermitteln, wenn für das zu bewertende Grundstück Vergleichskaufpreise oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren vorliegen (§ 194 Abs. 1 BewG).

Ist dies nicht der Fall, dann bildet der Bodenwertanteil nach § 194 Abs. 3 BewG den Wert des Erbbaugrundstücks.

Dieser ist um einen Gebäudewertanteil nach § 194 Abs. 4 BewG zu erhöhen, wenn der Wert des Gebäudes vom Eigentümer des Erbbaugrundstücks nicht oder nur teilweise zu entschädigen ist (§ 194 Abs. 2 BewG).

7.3.1 Bodenwertanteil nach § 194 Abs. 3 BewG

Der Bodenwertanteil nach § 194 Abs. 3 BewG ist die Summe des über die Restlaufzeit des Erbbaurechts abgezinsten Bodenwerts nach § 179 BewG und der über diesen Zeitraum kapitalisierten Erbbauzinsen.

Hierbei wird der Abzinsungsfaktor für den Bodenwert in Abhängigkeit vom Zinssatz nach § 193 Abs. 4 BewG und der Restlaufzeit des Erbbaurechts ermittelt. Der Abzinsungsfaktor ist Anlage 26 zum BewG zu entnehmen.

Als Erbbauzinsen sind die am Bewertungsstichtag vereinbarten jährlichen Erbbauzinsen anzusetzen. Diese sind mit dem sich aus Anlage 21 zum BewG ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren (s.o.Ertragswertverfahren „Ermittlung des Gebäudeertragswerts, § 185 BewG“).

7.3.2 Gebäudewertanteil nach § 194 Abs. 4 BewG

Der Gebäudewertanteil des Erbbaugrundstücks entspricht dem Gebäudewert oder dem anteiligen Gebäudewert, der dem Eigentümer des Erbbaugrundstücks bei Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf entschädigungslos zufällt; er ist nach Maßgabe der Anlage 26 zum BewG auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen.

8. Gebäude auf fremdem Grund und Boden, § 195 BewG

In Fällen von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden sind die Werte für die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden und die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks gesondert zu ermitteln (§ 195 Abs. 1 BewG).

Hierbei wird das Gebäude auf fremdem Grund und Boden wie folgt bewertet (§ 195 Abs. 2 Satz 1 BewG):

  • Bei einer Bewertung im Ertragswertverfahren mit dem Gebäudeertragswert nach § 185 BewG.

  • Bei einer Bewertung im Sachwertverfahren mit dem Gebäudesachwert nach § 190 BewG.

9. Grundstücke im Zustand der Bebauung, § 196 BewG

Ein Grundstück im Zustand der Bebauung liegt nach der Legaldefinition des § 196 Abs. 1 Satz 1 BewG vor, wenn mit den Bauarbeiten begonnen wurde und Gebäude und Gebäudeteile noch nicht bezugsfertig sind. Der Zustand der Bebauung beginnt hiernach mit den Abgrabungen oder der Einbringung von Baustoffen, die zur planmäßigen Errichtung des Gebäudes führen.

Die Gebäude oder Gebäudeteile im Zustand der Bebauung sind mit den bereits am Bewertungsstichtag entstandenen Herstellungskosten dem Wert des bislang unbebauten oder bereits bebauten Grundstücks hinzuzurechnen § 196 Abs. 2 BewG).

10. Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts, § 198 BewG

Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert (Verkehrswert/Marktwert) der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 BewG ermittelte Wert, so ist dieser Wert anzusetzen.

Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts reicht es nicht aus, lediglich Auszüge aus der Kaufpreissammlung vorzulegen. Als Nachweis kommt ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken in Betracht, Ein solches Gutachten unterliegt dann der Beweiswürdigung durch das FA. Möglich ist auch, dass ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommener Kaufpreis bzgl. des zu bewertenden Grundstücks als Nachweis dient. Als Nachweis kommt ein Kaufpreis auch dann in Betracht, wenn er zwar außerhalb dieses Zeitraums im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen ist, die maßgeblichen Verhältnisse hierfür jedoch gegenüber den Verhältnissen zum Bewertungsstichtag unverändert geblieben sind (R B 198 ErbStR 2011).

Hinweis:

Kommt es zu einem zeitgleichen Vorliegen eines Kaufpreises und eines Gutachtenwerts, stellt sich die Frage, wem im Rahmen des Nachweises des niedrigeren gemeinen Werts der Vorzug zu geben ist.

Legt der Steuerpflichtige zum Nachweis ein Gutachten vor, wird das Grundstück aber zu einem höheren Preis verkauft, so gilt nach Ansicht der OFD Münster (14.12.2011, DStR 2012, 970) Folgendes:

Kommt der Kaufpreis innerhalb eines Jahres nach dem Bewertungsstichtag zustande, so kann das FA ihn – statt des Gutachtens – der Bewertung zugrunde legen. Soweit sich die maßgeblichen Verhältnisse ggü. den Verhältnissen zum Stichtag nicht verändert haben, ist eine Berücksichtigung des Kaufpreises auch möglich, wenn dieser später – außerhalb des Jahres nach dem Bewertungsstichtag – zustande kommt (vgl. auch FG Berlin-Brandenburg, 15.09.2010 – 3 K 3232/07, EFG 2011, 1386).

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