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Kinder – ohne Ausbildungsplatz

Normen

§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c EStG

Information

1. Allgemeines

Kinder, die mangels Ausbildungsplatz ihre Berufsausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können, werden in dieser Zeit regelmäßig von ihren Eltern unterstützt. Als Ausgleich ist eine Kindberücksichtigung möglich. Nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c EStG ist ein noch nicht 25 Jahre altes Kind zu berücksichtigen, wenn es eine Berufsausbildung – im Inland oder Ausland – mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen kann. Die Berücksichtigung hängt davon ab, dass es dem Kind trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen ist, seine Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen. Die Suche nach einem Ausbildungsplatz muss also bisher erfolglos verlaufen sein oder der nächste Ausbildungsabschnitt einer mehrstufigen Ausbildung kann mangels Ausbildungsplatz nicht begonnen werden.

Beispiele für eine üblicherweise noch nicht abgeschlossene Berufsausbildung sind die Beendigung der Schulausbildung und die Ablegung des ersten Staatsexamens, wenn das zweite Staatsexamen für die Berufsausübung angestrebt wird. Grundsätzlich ist jeder Ausbildungswunsch des Kindes anzuerkennen. Die Verwirklichung des Ausbildungswunsches darf jedoch nicht an den persönlichen Verhältnissen des Kindes scheitern. An dem ernsthaften Bemühen fehlt es, wenn das Kind sich für einen Ausbildungsplatz bewirbt, für den es die objektiven Anforderungen nicht erfüllt. Die Bewerbung muss für den nächstmöglichen Ausbildungsbeginn erfolgen. Kann eine Bewerbung nicht abgegeben werden, z.B. für Studierwillige, weil das Verfahren bei der ZVS noch nicht eröffnet ist, genügt zunächst eine schriftliche Erklärung des Kindes, sich so bald wie möglich bewerben zu wollen. Es besteht Ausbildungswilligkeit, wenn das Kind a) noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat und b) erst ein späteres Antreten des Ausbildungsplatzes aus schul- studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen erfolgt.

2. Bemühungen um einen Ausbildungsplatz

Der Berechtigte muss der Familienkasse die ernsthaften Bemühungen des Kindes um einen Ausbildungsplatz durch geeignete Unterlagen nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Ist eine Bewerbung erfolglos geblieben, sind für den anschließenden Zeitraum übliche und zumutbare Bemühungen nachzuweisen.

Als Nachweis kommen insbesondere folgende Unterlagen in Betracht:

  • schriftliche Bewerbungen unmittelbar an Ausbildungsstellen sowie deren Zwischennachricht oder Ablehnung;

  • die schriftliche Bewerbung bei der zentralen Vergabestelle von Studienplätzen;

  • die schriftliche Zusage einer Ausbildungsstelle zum nächst möglichen Ausbildungsbeginn, auch wenn die Ausbildungsstelle erst später aus schul-, studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen angetreten werden kann;

  • die Registrierung als Bewerber für einen Ausbildungsplatz bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit;

  • die Registrierung für eine berufsvorbereitende Ausbildungsmaßnahme zum nächst möglichen Beginn.

Hinweis:

Zu beachten ist, dass es bei ausschließlichen Online-Bewerbungen ohne entsprechende Dokumentationen zu Problemen mit dem Finanzamt bzw. der Familienkasse kommen kann. Telefonische Anfragen können im Einzelfall als Nachweis ausreichen, wenn detailliert und glaubhaft dargelegt wird, mit welchen Firmen, Behörden usw. zu welchen Zeitpunkten (erfolglose) Gespräche geführt worden sind.

3. Wartezeit

Das Kind kann für den Zeitraum berücksichtigt werden, in dem es auf einen Ausbildungsplatz wartet. Die Wartezeit beginnt beispielsweise mit der Beendigung der Schulausbildung oder der Beendigung eines Ausbildungsabschnitts. Nimmt das Kind ernsthafte Bemühungen erst nach Ablauf von vier Monaten nach Wegfall eines anderen Berücksichtigungstatbestandes auf, ist es ab dem Monat der ersten Bewerbung oder Registrierung zu berücksichtigen. Die Wartezeit endet mit Beginn einer Berufsausbildung.

Beispiel 1:

Das Kind K legt die Abiturprüfung im April 2015 ab. Er beabsichtigt, im Oktober 2015 ein Studium zu beginnen und bewirbt sich im Juli 2015 (Eröffnung des Verfahrens bei der ZVS) um einen Studienplatz. Im September 2015 erhält K jedoch die Absage der ZVS. Er möchte sich zum Sommersemester erneut um einen Studienplatz bewerben.

Lösung:

K kann ohnehin von Januar bis April und durchgängig auch von Mai bis September 2015 berücksichtigt werden, weil er nach dem Schulabschluss die Ausbildung aufgrund des Vergabeverfahrens der ZVS zunächst nicht fortsetzen konnte. Für den Zeitraum ab Oktober ist er auf Grund der Absage der ZVS und des weiter bestehenden Ausbildungswunsches zu berücksichtigen.

Beispiel 2:

Der Sohn S legt die Abiturprüfung im April 2015 ab. Er möchte sich zunächst orientieren und beabsichtigt, danach eine Berufsausbildung zu beginnen. Im Dezember 2015 bewirbt er sich schriftlich zum nächsten Ausbildungsjahr bei einem Ausbildungsbetrieb und erhält im Januar 2016 eine schriftliche Zusage zum August des Jahres 2016.

Lösung:

S kann berücksichtigt werden:

  1. bis einschließlich April 2015 als Kind in Berufsausbildung,

  2. von Dezember 2015 bis Juli 2016 als Kind ohne Ausbildungsplatz,

  3. ab August 2016 als Kind in Berufsausbildung.

Von Mai bis November 2015 kann S nicht berücksichtigt werden, da er nicht innerhalb von vier Monaten nach Schulabschluss ernsthafte Bemühungen zur Aufnahme einer Ausbildung gestartet hat.

4. Zeiten der Kindesbetreuung

Ein Kind ohne Ausbildungsplatz kann dann nicht berücksichtigt werden, wenn es sich wegen Kindesbetreuung nicht um einen Ausbildungsplatz bemüht. Eine Berücksichtigung ist dagegen möglich, wenn das Kind infolge Erkrankung oder wegen eines Beschäftigungsverbots nach § 3, § 6 MuSchG daran gehindert ist, seine Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen.

5. Abgeschlossene Ausbildung

Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a SGB IV sind unschädlich. Demach wird in der Wartezeit auf einen weiteren Ausbildungsplatz das Kind berücksichtigt, wenn es nur eine geringfügige Beschäftigung aufnimmt. Wartet ein Kind nach dem Abitur auf einen Studienplatz, kann es in dieser Zeit auch ein Vollzeitarbeitsverhältnis aufnehmen. Denn in diesem Fall liegt noch keine „verbrauchte“ Erstausbildung vor. Zu Einzelheiten vgl. BMF, 07.12.2011 – IV C 4 – S 2282/07/0001:01.

Siehe auch
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