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Fahrtätigkeit

Normen

R 9.4 LStR

Information

1. Allgemeines

Zu den Aufwendungen, die als Reisekosten vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden können oder die der Arbeitnehmer als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung geltend machen kann, gehören auch die Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Fahrtätigkeit.

Es wird im Steuerrecht inzwischen nur noch von einem einheitlichen Oberbegriff „Auswärtstätigkeit“ gesprochen und nicht mehr zwischen Dienstreisen, Einsatzwechseltätigkeit oder Fahrtätigkeit unterschieden. Eine Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und seiner ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig wird. Eine Auswärtstätigkeit liegt auch vor, wenn der Arbeitnehmer bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig wird, ohne eine erste Tätigkeitsstätte zu haben.

2. Erste Tätigkeitsstätte

Wird der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dem Betrieb zugeordnet, hat er dort seine erste Tätigkeitsstätte. Ohne Zuordnung richtet sich die erste Tätigkeitsstätte nach quantitativen Kriterien. Allerdings reicht das bloße Aufschlagen in der Firma nicht aus, um dort eine erste Tätigkeitsstätte anzunehmen. Ein Busfahrer oder Kraftfahrer, der lediglich im Betrieb sein Fahrzeug abholt, wird dort also ohne Zuordnung keine erste Tätigkeitsstätte haben (§ 9 Abs. 4 EStG). Vgl. Stichwort „Erste Tätigkeitsstätte“.

3. Reisekosten bei typischer Fahrtätigkeit

3.1 Fahrtkosten

Für Fahrtkosten eines Arbeitnehmers mit Fahrtätigkeit von seiner Wohnung zum Betrieb, Fahrzeugdepot, um sein Fahrzeug zu übernehmen, sind je nach Sachverhalt die Grundsätze für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder die Reisekostengrundsätze anzuwenden. Im Einzelnen gilt für die Arbeitgebererstattungen ab 2014 Folgendes:

Fahrzeugübernahmeort Rechtsfolgen für
Erstattungen
gleich bleibender, vom Arbeitgeber vorgegebener Übernahmeort, z.B. Betrieb, Depot steuerpflichtig; § 40 Abs. 2 EStG Pauschalierung möglich
wechselnder Übernahmeort steuerfrei; Fahrtkosten wie bei Auswärtstätigkeit
(PKW z.B. 0,30 EUR/km)

3.2 Mehraufwendungen für Verpflegung

Je nach Dauer der Fahrtätigkeit/Auswärtstätigkeit können ab 2014 pro Tag folgende Pauschbeträge steuerfrei erstattet werden.

Pauschbeträge

  1. 1.

    12 EUR (bei mehr als 8stündiger Abwesenheit bzw. bei mehrtägigen Auswärtstätigkeiten mit Übernachtung jeweils an den An- und Abreistatgen)

  2. 2.

    24 EUR (bei 24stündiger Abwesenheit

Zu der Pauschalierung steuerpflichtiger Verpflegungsmehraufwendungen siehe Verpflegungsmehraufwand – Pauschalierung.

Praxistipp:

Für die Berechnung der Abwesenheitszeit ist, wenn der Betrieb keine erste Tätigkeitsstätte darstellt, allein die Abwesenheit von der Wohnung des Arbeitnehmers maßgebend.

Der BFH hat mit Urteil vom 24.02.2011 – VI R 66/10 – entschieden, dass die Dreimonatsfrist für die Berücksichtigung von Verpflegungspauschalen bei einer Fahrtätigkeit und damit auch bei einer Seereise generell keine Anwendung findet. Die Berücksichtigung von Mehraufwendungen für Verpflegung bei einer Auswärtstätigkeit sei nur bei einer längerfristigen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte auf die ersten drei Monate beschränkt. Die Tätigkeit auf einem Fahrzeug oder einem Schiff finde jedoch nicht in einer Tätigkeitsstätte in diesem Sinne statt. Dementsprechend seien die erwerbsbedingten Mehraufwendungen für Verpflegung in diesen Fällen zeitlich unbegrenzt abziehbar.

Beispiel:

Ein Linienbusfahrer ist auf drei verschiedenen Linien eingesetzt. Er hat keine erste Tätigkeitsstätte. Bei der Ermittlung der Höhe der Verpflegungskosten ist zu berücksichtigen, dass die Auswärtstätigkeit grundsätzlich bereits mit dem Verlassen der Wohnung beginnt. Für jeden Tag, an dem die Auswärtstätigkeit mindestens 8 Stunden gedauert hat, können Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigt werden, da für jeden Tag eine neue Auswärtstätigkeit vorliegt.

3.2.1 Sonderregelung für Fahrten über Mitternacht

Eine Sonderregelung gilt für Fahrten, die ohne Übernachtung abends begonnen und am folgenden Tag beendet werden, ohne dass eine Übernachtung stattgefunden hat. Die gesamte Abwesenheit der Fahrt wird dem Tag zugerechnet, an dem der Arbeitnehmer überwiegend abwesend war.

Beispiel:

Auslieferungsfahrer A ist ab 18.00 Uhr unterwegs und am Folgetag um 3.00 Uhr zurück. Isoliert würde er für keinen der beiden Tage Verpflegungskosten ansetzen können. Durch die Sonderregelung wird die Gesamtabwesenheit von 9 Stunden dem ersten Tag zugerechnet. Für diesen Tag ist somit eine steuerfreie Zahlung / ein Werbungskostenabzug von 12 EUR möglich.

3.3 Übernachtungs- und Nebenkosten

Für Übernachtungen außerhalb des Fahrzeugs kann der Arbeitgeber im Inland pauschal 20 EUR je Übernachtung, im Ausland das entsprechende Auslandsübernachtungsgeld steuerfrei zahlen. Zu den Auslandspauschbeträgen ab 2015 vgl. BMF v. 19.12.2014 – IV C 5 – S 2353/08/10006:005, BStBl I 2015, 34; ab 2016 vgl. BMF v. 09.12.2015 – IV C 5 – S 2353/08/10006:006.

Lagen die Übernachtungskosten über 20 EUR ist eine steuerfreie Zahlung nur bei entsprechendem Kostennachweis möglich.

Bei Übernachtung im Fahrzeug (z.B. Lkw mit Schlafkabine) können keine steuerfreien Übernachtungspauschalen gezahlt werden. Die LStR gehen hierbei davon aus, dass Berufskraftfahrern, deren Fahrzeug mit Schlafkabinen ausgestattet sind häufig oder meistens keine Übernachtungskosten entstehen.

Der BFH hat mit Urteil vom 28.03.2012 – VI R 48/11 – entschieden, dass bei einem Fernfahrer, der in der Schlafkabine seines LKW übernachtet, die tatsächlich angefallenen Aufwendungen abzugsfähig sind. Liegen Einzelnachweise nicht vor, so ist ihre Höhe zu schätzen. Im Streitfall hatte der Kläger arbeitstäglich Kosten etwa für das Duschen in Raststätten in Höhe von 5 EUR angesetzt. Dieser Betrag war nach Auffassung des BFH nicht zu beanstanden. Das BMF hat zur Berücksichtigung von Aufwendungen bei Kraftfahrern, die in der Schlafkabine ihres LKW übernachten, mit Schreiben vom 04.12.2012 – IV C 5 – S 2353/12/10009 – Stellung genommen. Danach ist es aus Gründen der Vereinfachung ausreichend, wenn der Arbeitnehmer die ihm tatsächlich entstandenen und regelmäßig wiederkehrenden Reisenebenkosten für einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten im Einzelnen durch entsprechende Aufzeichnungen glaubhaft macht. Dabei ist zu beachten, dass bei der Benutzung der sanitären Einrichtungen auf Raststätten nur die tatsächlichen Benutzungsgebühren aufzuzeichnen sind, nicht jedoch die als Wertbons ausgegebenen Beträge.

Hat der Arbeitnehmer diesen Nachweis erbracht, kann der tägliche Durchschnittsbetrag, der sich aus den Rechnungsbeträgen für den repräsentativen Zeitraum ergibt, für den Ansatz von Werbungskosten oder auch für die steuerfreie Erstattung durch den Arbeitgeber (nach Maßgabe der §§ 3 Nummer 13 und 16 EStG) so lange zugrunde gelegt werden, bis sich die Verhältnisse wesentlich ändern.

Beispiel:

Nachweis durch Belege des Arbeitnehmers:
• Monat Oktober: Aufwendungen gesamt 60 EUR (20 Tage Auswärtstätigkeit)
• Monat November: Aufwendungen gesamt 80 EUR (25 Tage Auswärtstätigkeit)
• Monat Dezember: Aufwendungen gesamt 40 EUR (15 Tage Auswärtstätigkeit)

Summe der Aufwendungen: 180 EUR: 60 Tage Auswärtstätigkeit = 3 Euro täglicher Durchschnittswert.

Beim Werbungskostenabzug im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung werden bei Inlands- und beu Auslandsübernachtungen im Übrigen generell nur die nachgewiesenen Kosten anerkannt.

Reisenebenkosten kann der Arbeitgeber grundsätzlich nur gegen Nachweis steuerfrei erstatten, vgl. hierzu auch Stichwort Reisekosten.

Siehe auch
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