Controlling-Lexikon

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Maschinenbelegungsplanung

1. Überblick

Projekte werden in unterschiedlichen Gestaltungsbereichen von unterschiedlichen Auftraggebern mit unterschiedlichen Zielsetzungen ausgelöst und von unterschiedlichen Auftragnehmern durchgeführt. Die besondere Problematik der Planung und Steuerung von Projekten insbesondere mit hoher Komplexität resultiert in erster Linie aus der Notwendigkeit, eine Vielzahl von Schnittstellen zwischen völlig unterschiedlichen Fachbereichen der traditionell differenzierten und hierarchisch koordinierten Organisation handhaben zu müssen.

Die „Projektplanung“ ist ein wichtiger Teil des umfassenden, über den gesamten Projektzeitraum hinweg reichenden Aufgabenkomplexes „Projektmanagement“ und lässt sich in folgende Teilaufgaben untergliedern:

  • Planung von Teil- oder Unterzielen

  • Ableitung von Teilaufgaben des Projektes

  • Planung der Aufbauorganisation

  • Planung des Aufwands für Personal, Finanzen, Sachmittel, Raumbedarf etc.

  • Planung des Projektinformations- und Dokumentationssystems

Aus den Projektzielen werden „Arbeitspakete“ abgeleitet, die aus Gründen einer wirksamen Abwicklung nicht weiter aufgespalten werden und bestimmten Projektorganen zur Ausführung zugeordnet bzw. übertragen werden können (Projekt-Controlling). Arbeitspakete sollten sich in überschaubaren Zeitabschnitten abwickeln lassen. Dementsprechend sind bei ihrer Planung sowohl der Aspekt der inhaltlichen und zeitlichen Abgrenzbarkeit vom Rest der Arbeitspakete als auch der Aspekt des inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhangs von Aktivitäten bzw. Teilprozessen zu beachten, die eine Zusammenfassung in einem Paket nahe legen.

Hinweis:

Zur Unterstützung der Projektplanung haben Wissenschaft und Praxis eine Reihe von Planungstechniken, Darstellungs- und Dokumentationstechniken sowie Techniken der Terminplanung zur Verfügung gestellt, wie z.B. Projektstrukturpläne, Belastungsdiagramme oder die hier dargestellte Maschinenbelegungsplanung. Von besonderer Bedeutung für die Projektplanung ist darüber hinaus die Netzplantechnik (NPT), die in der Praxis in enger Verbindung mit Projektplanung und -kontrolle eingesetzt wird.

Die aufgabenlogischen Zusammenhänge zwischen den abgegrenzten Arbeitspaketen, den meist knappen Ressourcen und den übrigen für ein Projekt gegebenen Randbedingungen grenzen den Spielraum ein, der für die Planung des Projektablaufs verbleibt (Termin- und Kapazitätsplanung).

Eine Termin- und Kapazitätsplanung liegt vor, wenn

  • aus einer Projektablaufplanung ein Maschinenbelegungsplan erstellt wird, der Auskunft darüber gibt, wann welche Maschine oder Anlage für welche Aufgabe eingesetzt werden soll, und

  • aus einer Projektablaufplanung ein Personal-Einsatzplan erstellt wird, der Auskunft darüber geben soll, wer zu welcher Zeit welche Aufgabe erledigen soll.

Im Rahmen der Termin- und Kapazitätsplanung kann es zu dem Ergebnis kommen, dass die zu einem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht ausreichen, die geplanten Aufgaben zu erfüllen. So kann ein Mitarbeiter z.B. nicht gleichzeitig an mehreren Projekten arbeiten. Abbildung 1 zeigt beispielsweise den Maschinenbelegungsplan eines mittelständischen Unternehmens. Auf der vertikalen Achse sind die vorhandenen Maschinen und technischen Einrichtungen, auf der horizontalen Achse die Zeit in Tagen eingetragen. Die durch verschiedene Farben dargestellten Balken bezeichnen den Einsatz der jeweiligen Ressource für einen bestimmten Auftrag gemäß untenstehender Legende.

2. Aufstellen eines Maschinenbelegungsplanes

2.1 Faustregeln

Basis der Termin- und der Kapazitätsplanung ist stets die Summe aller für eine Zeit relevanten Netzpläne und Projektablaufpläne. Die Aufstellung der Termin- und Kapazitätsplanung erfordert die simultane Abstimmung aller Teilplanungen und ist daher eher eine Kunst als ein exaktes Instrumentarium. Kommt es zu Terminänderungen, so haben diese durch die damit verbundenen Änderungen der Maschinen- oder Ressourcenbelegung zumeist auch Einfluss auf andere Projekte, die ansonsten mit dem verzögerten Vorhaben vollkommen unverbunden sind.

Obwohl hierfür exakte mathematische Planungsalgorithmen zur Verfügung stehen, ist es in der Regel für einen kleinen oder mittelständischen Betrieb weder möglich noch praktikabel, solche Verfahren anzuwenden. Vielmehr haben sich in der betrieblichen Praxis bestimmte Faustregeln bewährt:

  • Bei der Verzugszeitregel werden die Aufträge mit dem größten zeitlichen Verzug zuerst eingeplant, d.h., es wird zuerst gemacht, was am meisten Verspätung hat. Der Vorteil dieser Variante liegt vor allem im Abbau von Wartezeiten und damit zufriedeneren Kunden. Nachteilig wirkt sich die Überlastung des Produktionsapparates aus, die nach wie vor bestehen bleibt. Häufig ist die Verzugszeitregel eine Symptomkur bei unzureichender Kapazität.

  • Bei der dynamischen Wertregel bestimmt der Erzeugniswert vor Ausführung des nächsten Produktionsschrittes die Ausführungsreihenfolge. Maßstab können verschiedene betriebliche Maßgrößen sein, insbesondere der anteilige Verkaufspreis oder der erzielte anteilige Deckungsbeitrag. Während der wesentliche Vorteil in der potenziellen Gewinnmaximierung zu sehen ist, besteht der Nachteil dieses Verfahrens darin, dass Billigaufträge liegenbleiben und Kunden verärgert werden.

  • Im Rahmen der Leistungsgradregel werden die Aufträge nach Deckungsbeitrag, Reingewinn o.Ä. geordnet ausgeführt. Die Produktionsreihenfolgeplanung nach absoluten Deckungsbeiträgen ist der Grundgedanke der mathematischen Produktionsprogrammoptimierungsmodelle (z.B. Simplex-Verfahren).

  • Anwender der FIFO-Regel führen den am längsten wartenden Auftrag als Nächstes aus (first-in-first-out). Diese „gerechte“ Reihenfolge (Warteschlangenmodell) ermöglicht eine leichte handels- und steuerrechtliche Bewertung der Zwischenfabrikate und Läger, führt andererseits aber auch dazu, dass Eil- oder besonders profitable Aufträge u.U. länger liegen bleiben.

  • Bei der Belegungszeitregel haben Aufträge, die am schnellsten ausgeführt werden können, die höchste Priorität, d.h., Großaufträge bleiben zunächst länger liegen. Diese „kompaktere“ Maschinenbelegung kann besonders dann sinnvoll sein, wenn die Gewinnaufschläge bei kleineren Produkten oder Mengen branchenüblich höher sind.

  • Ziel der Schlupfzeitregel ist es, die Leerlaufzeiten zwischen den Aufträgen zu verringern, d.h., die Reihenfolgeplanung richtet sich danach, ob die zu einem Auftrag gehörenden Arbeitsschritte in die noch bestehenden zeitlichen Lücken passen. Dies führt einerseits zu einer Optimierung der Auslastung, andererseits bleiben wichtige Aufträge u.U. liegen.

  • Bei der Endterminregel wird der Auftrag als Nächstes ausgeführt, der als Erstes fertiggestellt werden kann. Dies führt zu kurzen Durchlaufzeiten, aber zumeist auch zu einer suboptimalen Maschinenauslastung.

  • Anwender der Rüstzeitregel bevorzugen Aufträge mit geringen Rüstzeiten. Dieses Verfahren ist zumeist bei hoch spezialisierten, d.h. tiefen Produktionsprogrammen sinnvoller als bei wechselnden Produkten und Produktionsverfahren. Der Vorteil dieser Variante liegt vor allem in der Minimierung der Rüstkosten insbesondere in maschinenintensiven Fertigungsverfahren.

  • Bei der externen Prioritätsregel bestimmen Kundenwünsche, Konventionalstrafen, absatzpolitische Erwägungen etc. die Bearbeitungsreihenfolge. Dies führt auf der einen Seite zu einer Minimierung von Ausfallkosten, auf der anderen Seite aber zu Konflikten mit produktionstechnischen Gegebenheiten und damit u.U. zu hohen Rüst- und Wartungskosten. Die externe Prioritätsregel ist zwar marktangepasst, ihr fehlt jedoch jede Gewinn- oder Deckungsbeitragsorientierung. Oftmals ist sie ein nur aus Verlegenheit angewandtes Kriterium.

  • Beim Minimization-of-regret wird die Alternative gewählt, die die geringsten negativen Kosten verursacht. Hierzu muss eine Entscheidungsmatrix aufgestellt werden, die die Konsequenzen ausweist, die durch das Unterlassen eines Handelns entstehen würden. Dieses Verfahren stellt das konzeptionell „reinste“ Modell dar. Es ist aber mit einem hohen Rechenaufwand verbunden.

2.2 Mathematische Methoden der Maschinenbelegungsplanung

Die Maschinenbelegungs- oder Maschineneinsatzplanung ist aus mathematischer Sicht ein lineares Optimierungsproblem, bei dem es gilt, eine Zielvariable unter Berücksichtigung linearer Nebenbedingungen zu optimieren. Das optimale Lösungsverfahren ist der Simplex-Algorithmus. Alternativ hierzu kommen noch das Gauß’sche Verfahren und die Bestimmung von Lösungen mittels Extremwerten in Betracht.

  • Im Schritt 1 werden alle möglichen Maschinenbelegungspläne aufgestellt, die die gewählte Projektaufgabe erfüllen.

  • Im Schritt 2 geht es um die Aufstellung eines Gleichungssystems aufgrund der möglichen Produktionsvarianten, das die linearen Beschränkungen abbildet.

  • Gegenstand von Schritt 3 ist das Aufstellen einer Simplex-Basistabelle mithilfe der Dualkonversion.

  • Im Schritt 4 wird durch die Rechenschritte des Simplex-Verfahrens das Optimierungsproblem aufgelöst.

  • Die Interpretation der Ergebnisse mit einer Ganzzahligkeitsbetrachtung ist dem abschließenden Schritt 5 vorbehalten.

Zur Anwendung des skizzierten Verfahrens müssen in einem Maschinenbelegungsplan mehrere Produkte oder Projekte simultan vorkommen. Bei einem einzelnen Projekt reduziert sich das Problem auf eine Variante des reinen Reihenfolgeproblems (sogenanntes „Travelling Salesman Problem„).

2.3 Zahlenbeispiel zum Maschinenbelegungsplan

Ein Haushaltsproduktehersteller, der von einem Lieferanten Zellstoffrollen von 80 cm Breite bezieht, will mit seinen Schneideautomaten folgende Artikel herstellen:

  • 7.200 Rollen Toilettenpapier zu 18 cm Breite

  • 6.600 Rollen Papierhandtücher zu 30 cm Breite

  • 9.100 Küchenrollen zu 40 cm Breite

Zur Vereinfachung soll jedes einzelne Produkt als Projekt betrachtet werden. Auch der mögliche Verschnitt durch den Schneideautomaten wird nicht berücksichtigt. Gesucht wird die minimale Anzahl der einzukaufenden Rollen.

Zur Lösung der Aufgabenstellung werden zunächst alle möglichen Produktionsprogramme aufgestellt. Dabei entspricht jedes mögliche Produktionsprogramm einem Maschinenbelegungsplan. Es werden nur solche Produktionsprogramme berücksichtigt, deren Rest (Verschnitt) kleiner als das kleinste Produkt ist. Es ergibt sich das in der folgenden Tabelle dargestellte Produktionsprogramm:

Hierbei entspricht jede Spalte einer eingekauften Rolle. Jedes Rohprodukt kann an allen drei Endprodukten in unterschiedlichem Maße beteiligt sein. Es ergeben sich insgesamt nur die dargestellten 6 Möglichkeiten. Ferner entspricht jede Spalte auch einer Handlungsalternative.

Die Kosten aller möglichen Handlungsalternativen sind stets 1, d.h., entsprechen einer eingekauften Rolle. Diese Feststellung lässt sich als Ungleichungssystem darstellen:

Die Zielfunktion lautet:

Ein solches Ungleichungssystem lässt sich durch Einfügen von 3 Schlupfvariablen in ein Gleichungssystem wie folgt überführen:

Als Simplex-Basislösung wird dieses Gleichungssystem folgendermaßen dargestellt:

Eine detaillierte mathematische Diskussion des Lösungsweges würde den Rahmen der vorliegenden Betrachtung sprengen. Ganz abgesehen davon wird man zur rechnerischen Lösung des Gleichungssystems auf Computerprogramme zurückgreifen.

Die Lösung ist nach drei Iterationen erreicht und sieht folgendermaßen aus:

Liest man die Lösung nach der bekannten Ableseregel für dualkonvertierte Optimierungsprobleme ab, so erhält man folgendes Ergebnis:

  • 3.575 mal Sortiment 1

  • 1.950 mal Sortiment 3

  • 3.300 mal Sortiment 4

Ob die gefundene Lösung tatsächlich das gewünschte Ergebnis erbringt, lässt sich schließlich mit einer kleinen Kontrollrechnung überprüfen:

Die Mengenwerte in den Spalten 1, 3 und 4 ergeben sich aus der Multiplikation der Produktionsmengen aus der vorstehenden Analyse der möglichen Produktionsprogramme mit der Anzahl der tatsächlich zu fahrenden Sortimente 1, 3 und 4. Wie dargestellt, wird das Ergebnis präzise ohne ein einziges überschüssiges Produkt erreicht.

Die optimalen Gesamtkosten betragen 8.825 einzukaufende Rollen (8.825 Rollen multipliziert mit den Kosten für eine Rolle). Eine Ganzzahligkeitsanalyse ist entbehrlich, da die Lösung bereits ganzzahlig ist.

Wie bereits weiter oben erwähnt, ist das skizzierte Verfahren nur mit Softwareunterstützung sinnvoll anwendbar, liefert aber bessere Ergebnisse, als sie mit Faustregeln je erreichbar wären. Beschränkungen des Sortiments etwa durch Konventionalstrafen, extern festgelegte Liefertermine, politisch gewollte Mindestmengen oder staatlich fixierte Zwangspreise lassen sich ebenfalls als singuläre oder ggfs. auch interdependente Restriktionen berücksichtigen.

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