Controlling-Lexikon

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Strategische Allianzen

1. Überblick

Im internationalen Wettbewerb haben strategische Allianzen bzw. strategische Netzwerke erheblich an Bedeutung gewonnen. Obwohl sie in der letzten Zeit fast zu einer Modeerscheinung in der Wettbewerbsdiskussion geworden sind, mehren sich jedoch zunehmend kritische Stimmen, die vor den Gefahren kooperativer Wettbewerbsmaßnahmen warnen. So berichtete zum Beispiel der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG auf dem Deutschen Betriebswirtschafter-Tag im Oktober 2000 in Berlin, dass etwa die Hälfte der strategischen Allianzen, in die die Siemens AG involviert sei, in irgendeiner Form Probleme aufwerfe.

Strategisch motivierte Kooperationen verfolgen das Ziel, über eine Zusammenarbeit von rechtlich und grundsätzlich auch wirtschaftlich selbstständigen Unternehmen Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Dabei sind unterschiedliche Formen der Kooperation zu beobachten:

  • Verbünden sich Unternehmen auf gleicher Wertschöpfungsstufe (Wertschöpfung) spricht man von einer horizontalen Allianz. Die Zusammenarbeit erfolgt in diesem Fall funktionsspezifisch, zum Beispiel im Bereich der Forschung und Entwicklung oder des Vertriebs. Da sich die Wettbewerbsfähigkeit der Partner gegenüber Dritten vereint, verändern sich auch die Wettbewerbsbeziehungen.

  • Vertikal ausgerichtete Kooperationen entstehen zwischen Unternehmen, die auf unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen tätig sind. Motiv für eine solche Kooperation ist insbesondere die Reduktion der Wertschöpfungstiefe bei gleichzeitiger Sicherung der ausgelagerten Funktionen durch vertragliche Regelungen.

2. Motive für Netzwerkarrangements

Für strategische Kooperationen werden unterschiedliche Bestimmungsgründe genannt. Diese lassen sich im Wesentlichen auf folgende Grundmotive zurückführen:

  • Zugang zu Märkten

    Strategische Allianzen ermöglichen häufig erst den Zugang zu (internationalen) Märkten, die allein durch eigene Anstrengungen nicht besetzt werden können.

  • Zugang zu Ressourcen

    Grund für die Suche nach Kooperationspartnern kann auch der Zugang zu knappen finanziellen oder personellen Ressourcen insbesondere für Forschung und Entwicklung sein.

  • Spezialisierungsvorteile (Know-how-Vorteile)

    Unternehmen können sich in Unternehmensnetzwerken auf bestimmte Aktivitäten in der Wertschöpfungskette konzentrieren und sich dadurch einen Wissensvorsprung (Know-how-Vorteile) erarbeiten. Ferner lässt sich mit strategischen Allianzen ein wechselseitiger Know-how-Transfer erreichen, mit dem entstandene Wissensdefizite ausgeglichen werden können.

    Hierzu wird zum Beispiel Know-how in der Produkttechnologie gegen solches in der Fertigungstechnologie, Kenntnisse im Vertrieb oder gegen Management-Know-how in der Produktion getauscht. Darüber hinaus sind Hersteller bestrebt, vertikale Netzwerke mit spezialisierten Zulieferanten aufzubauen, die bei bestimmten Systemkomponenten über Know-how-Vorteile verfügen. So kann sich ein Endprodukthersteller durch gezielte Netzwerkarrangements die Systemkompetenz für ein Endprodukt sichern, ohne auf allen Gebieten gleichzeitig entsprechende Fähigkeiten aufweisen zu müssen.

  • Kostenvorteile

    Über die Spezialisierungsvorteile hinaus ermöglichen strategische Kooperation unter bestimmten Bedingungen auch die Realisierung von zum Teil erheblichen Kostenvorteilen. Durch gemeinsame Forschungs- und Entwicklungstätigkeit lässt sich zum Beispiel die Fixkostenbelastung drastisch reduzieren. Die konzentrierte Produktion verhilft zur Ausnutzung von Erfahrungskurveneffekten (Erfahrungskurve) und ein weiteres erhebliches Kostensenkungspotential liegt in der gemeinsamen Beschaffung und Distribution.

  • Zeitvorteile

    Zeitvorteile sind insbesondere in der Produktentwicklung von großer Bedeutung (Produktlebenszyklus, Produktplanung). Lange Entwicklungszeiten führen nicht selten dazu, dass – unter Umständen sogar mehrfach – Anpassungen an die technische Entwicklung und an veränderte Kundenwünsche erforderlich sind. Diesen Anpassungskosten stehen zum einen keine zusätzlichen Erlöse gegenüber, zum anderen führen Verzögerungen des Markteintrittszeitpunktes häufig dazu, dass vorhandenes Marktpotenzial nicht voll ausgeschöpft werden kann und ein verspäteter Markteintritt nur zu wesentlich niedrigeren Preisen möglich ist. Gerade in den Bereichen der schnellen und effizienten Produktentwicklung sowie Verwertung der Leistungen im Markt liegen die unbestrittenen Vorteile von strategischen Kooperationsformen.

In der Realität lassen sich die aufgezeigten Motive nicht immer sauber voneinander trennen. Insgesamt verspricht man sich von strategischen Kooperationsformen eine Steigerung der Reaktionsschnelligkeit der Unternehmen auf Markt- und Technologieveränderungen sowie eine Verkürzung der Amortisationszeit des investierten Kapitals (Investitionsrechnungsverfahren).

3. Die Transaktionskostentheorie

Zur mehr wissenschaftlichen Erklärung der zu beobachtenden Kooperationswelle wird insbesondere das Transaktionskostenkonzept herangezogen. Dieser maßgeblich von Williamson entwickelte Ansatz dient dazu, die Bildung unterschiedlicher institutioneller Arrangements wie „Markt“, „Hierarchie“ und „Kooperation“ zu erklären. Hierzu unterscheidet Williamson in einem ersten Schritt drei institutionelle Arrangements:

  • Koordination durch Anweisung beziehungsweise Hierarchie (Unternehmung),

  • Koordination über den Preismechanismus (Markt) und

  • Koordination über hybride Formen (Kooperation).

Hiervon ausgehend versucht Williamson in einem zweiten Schritt die Bedingungsfaktoren aufzuzeigen, unter denen die eine oder andere institutionelle Form vorteilhaft ist. Von der Vorstellung geleitet, dass der technische Fortschritt zu steigender Faktorspezifität und Unsicherheit führt, erfolgt nach Williamson die notwendige Abstimmung der interdependenten Aktivitäten nicht über den Preismechanismus. Nach seiner Auffassung sind vielmehr hybride Formen notwendig, die eine gegenseitige Anpassung ermöglichen. Beansprucht die wechselseitige Zustimmung auf Grund ständiger Datenänderung zuviel Zeit, dann geht die Hybridform über in eine Koordination durch Hierarchie und die Unternehmen streben eine vertikale Integration der Aktivitäten an.

Zu dieser These steht das empirisch beobachtbare Verhalten der Unternehmen allerdings in einem krassen Widerspruch. Der intensive Technologiewettbewerb führt offensichtlich eher zu einer Ausgliederung von Aufgaben und veranlasst die Unternehmen gleichzeitig, die Koordination der Aktivitäten vor allem durch wechselseitige Anpassung, Information und Kommunikation herbeizuführen.

4. Strategische Allianzen und strategische Netzwerke

Die Begriffe strategische Allianzen und strategische Netzwerke werden in unterschiedlicher Form verwendet. Hier wird in Abhängigkeit von der Kooperationsrichtung zwischen strategischer Allianz und strategischem Netzwerk unterschieden. Strategische Allianzen sind danach horizontale, strategische Netzwerke dagegen vertikale bwz. diagonal ausgerichtete Kooperationsformen.

Wesentliches Kennzeichen einer strategischen Allianz ist, dass zwei oder mehr Unternehmen bestimmte Aspekte ihrer Aktivitäten miteinander verknüpfen, so dass die Austauschbeziehungen, die jene betreffen, nicht über Markttransaktionen geregelt werden. Ansonsten treten die beteiligten Unternehmen am Markt getrennt auf und stehen sich als Konkurrenten gegenüber. In diesem Sinne stellen strategische Allianzen geschäftsfeldspezifische horizontale Kooperationen dar.

Aus organisationstheoretischer Perspektive können strategische Allianzen auch als Action-Sets bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Organisationen, die im Allgemeinen eine zeitlich befristete Allianz zu einem bestimmten Zweck eingehen und direkte, reziproke Beziehungen untereinander unterhalten. Somit stellt das Action-Set eine eigene, abgrenzbare institutionalisierte Organisationsform dar.

Strategische Netzwerke bezeichnen vertikal oder diagonal ausgerichtete Kooperationsformen, bei denen zwei oder mehr Unternehmen, die in einer Kunden-Lieferanten-Beziehung zueinander stehen, zusammenarbeiten und der Leistungsaustausch über den Markt stattfindet. Die Unternehmen erbringen also im Endmarkt eine gemeinsame Leistung und stehen zu anderen Unternehmen außerhalb des Netzwerkes in Konkurrenz. Aus organisationstheoretischer Sicht handelt es sich um Organization-Sets, die sich dadurch kennzeichnen lassen, dass – anders als bei Action-Sets – direkte und indirekte Beziehungsstrukturen relevant werden.

4.1 Die Konfiguration strategischer Allianzen

Eine strategische Allianz wird über die Art und Richtung der Kooperation, das gewählte Kooperationsfeld, die angewandten vertraglichen und nicht vertraglichen Regelungen sowie die zur Organisation der gemeinsamen Aktivitäten eingesetzten Koordinationsmechanismen konfiguriert.

Man sieht in der strategischen Allianz auf der einen Seite eine Alternative zum Alleingang oder zur Fusion, auf der anderen Seite eine Möglichkeit, die Geschäftsbeziehung über eine Markttransaktion zu regeln. Ein Unternehmen kann zum Beispiel versuchen, eine Technologie allein weiterzuentwickeln oder sich mit anderen Betrieben, die auf diesem Gebiet Know-how besitzen, rechtlich zusammenzuschließen (Fusion) beziehungsweise Know-how gegen Entgelt über Lizenzverträge (Lizenzen) zu erwerben (Markttransaktion).

Über die konkreten Ausgestaltungsformen strategischer Allianzen gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen. Das Kooperationsfeld einer strategischen Allianz ist begrenzt auf bestimmte Aspekte der Geschäftstätigkeit. Die Unternehmen arbeiten in einem oder mehreren Funktionsbereichen zusammen und bilden dazu in der Regel einen gemeinsamen Ressourcen-Pool. Die Beteiligten stellen die erforderliche Management-Kapazität bereit, entscheiden über den Einsatz von Mitarbeitern und Maschinen und bringen finanzielle Mittel ein.

4.2 Die Konfiguration strategischer Netzwerke

Strategische Netzwerke dienen dazu, Wertschöpfungsaktivitäten verschiedener Stufen zu koordinieren. Sie sind nicht notwendig auf einzelne Funktionsbereiche begrenzt, sondern können sich im Extremfall auf alle ausweiten, wenn Hersteller und Zulieferer beispielsweise Entwicklungs-, Produktions-, Beschaffungs-, Distributions- und Qualitätssicherungsaktivitäten untereinander abstimmen.

Diese Kooperationsform wird einerseits als eine Alternative zur vertikalen Integration angesehen und andererseits gegenüber der Form einer reinen Markttransaktion abgegrenzt, bei der der Tausch allein über den Preismechanismus geregelt wird.

Strategische Netzwerke können sowohl kurzfristig als auch langfristig ausgelegt sein und können dabei unterschiedliche vertragliche Regelungsformen annehmen. Bereits in den achtziger Jahren haben vergleichende Untersuchungen der Zuliefererstruktur japanischer und US-amerikanischer Automobilhersteller beispielweise ergeben, dass die stärker vertikalisierten Netzwerkarrangements der japanischen Hersteller den flacheren US-Arrangements deutlich überlegen sind. Während sich im letzteren Fall die Direktlieferanten damit begnügen einfache Komponenten nach Vorgabe der Hersteller zu produzieren, übernehmen in den japanischen Netzwerken die Systemlieferanten auch die Forschung und Entwicklung von Systemkomponenten, so dass die Zulieferer von einfachen Komponenten in die Rolle von Unterlieferanten abgedrängt werden. Dies führte offensichtlich zu erheblichen Kosten- und Zeitvorteilen.

Innerhalb des Netzwerkes übernimmt das Herstellerunternehmen die Funktion einer sogenannten „hub firm“, die das Netzwerk strategisch führt und für die Ausrichtung der Aktivitäten im Netzwerk auf die Erfordernisse des Endmarktes Sorge trägt. Es ist maßgeblich verantwortlich für den Aufbau und die ständige Pflege der Geschäftsbeziehungen und beeinflusst direkt oder indirekt die Netzwerkstruktur.

5. Erfolgsbedingungen für Netzwerkarrangements

Der Erfolg von strategischen Kooperationsformen hängt davon ab, inwieweit es den Beteiligten gelingt, eine Win-win-Situation zu schaffen. Dies bedingt, dass für alle Partner ein Anreiz-/Beitrags-Gleichgewicht gegeben sein muss, was insbesondere bei strategischen Allianzen nur schwer realisiert werden kann. Eine Allianz kann in der Regel nur bestehen, wenn für die Betroffenen zusätzliche Wettbewerbsvorteile gegenüber Dritten durch den Zugang zu komplementären Fähigkeiten erreicht werden und sich ergänzende Ziele überwiegen.

Grundvoraussetzung für den Aufbau und die Aufrechterhaltung von Netzwerkarrangements, die sich durch ständige Interaktion, intensiven Informationsaustausch und wechselseitige Kommunikation auszeichnen, ist gegenseitiges Vertrauen. Weitere Maßnahmen bestehen in der sorgfältigen Auswahl der Partner sowie in der Ausnutzung von Reputation. Auch diese Bedingungen sind für strategische Allianzen nur schwer zu erfüllen, denn die Gefahr, dass eine Allianz auf Grund der notwendigen engen personellen Zusammenarbeit an kulturellen Barrieren scheitert, ist relativ hoch.

Siehe auch

Cross MajorityErfahrungskurveInvestitionsrechnungsverfahrenProduktplanungWertschöpfung

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