Controlling-Lexikon

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Executive Information System

1. Überblick

Bedingt durch die fortschreitende Vernetzung und die Dezentralisierung von EDV-Leistungen an den einzelnen Arbeitsplatz durch Personalcomputer entstand Mitte der Achtzigerjahre eine neue Basis für den alten Gedanken der Management-Informationssysteme . Die neue Entwicklung der Management Support Systeme kam unter dem Namen Executive Information System aus den Vereinigten Staaten und wurde eingedeutscht zu Führungsinformationssystem oder Chefinformationssystem.

Bei Executive Information Systemen (EIS) handelt es sich um in erster Linie für das Topmanagement bestimmte rechnergestützte Informationssysteme, die den Entscheidungsträgern aktuelle problemrelevante interne und externe Informationen zur Selektion, Analyse und Kommunikation in intuitiv benutzbaren (grafischen) und individuell anpassbaren Benutzeroberflächen anbieten.

EIS sind immer unternehmensspezifisch aufgebaut. Ihr Einsatzgebiet liegt hauptsächlich in der frühen Phase des Entscheidungsprozesses und in der Kontrollphase.

Wesentlicher Vorteil des EIS-Gedankens ist vor allem die managementgerechte Aufbereitung von harten und weichen Informationen zum Status der unternehmensspezifischen Erfolgsfaktoren und die dem individuellen Arbeitsstil anpassbare grafische Benutzeroberfläche. Das EIS muss einen Blick auf die Gesamtleistung des Unternehmens gewährleisten und gleichzeitig eine Verknüpfung zu weichen Informationen (Gerüchten, Eindrücken, Spekulationen usw.) ermöglichen. Hierzu muss es über ganz besondere Grundfunktionen verfügen, auf die im Folgenden kurz eingegangen werden soll.

2. Komponenten von EIS

Alle EIS bieten bestimmte Grundfunktionalitäten, die den Benutzer bei der Befriedigung seiner Informationsbedürfnisse unterstützen sollen:

  • Drill-Down-Verfahren

    Das so genannte Drill-Down-Verfahren ermöglicht eine schichtenspezifische Tiefenanalyse bis auf die operative Datenbasis. Hierzu werden definierte logische Abhängigkeiten zwischen den Informationsobjekten benötigt, bei denen es sich im einfachsten Fall um hierarchische Strukturen handelt, die dynamische Aggregationen und Selektionen zulassen. Die für Abweichungsanalysen relevanten Informationen können auf frei wählbaren Verdichtungsstufen visualisiert und detaillierte Informationen abgerufen werden.

    Für die Akzeptanz des EIS ist das Drilling Down von entscheidender Bedeutung, denn gerade hierdurch wird die Flexibilität und Adaptationsfähigkeit eines EIS verdeutlicht.

  • Exception Reporting

    Die Ausgestaltung von EIS wurden wesentlich von den Gedanken des Management by Exception beeinflusst. Zur Unterstützung dieses Management-by-Konzeptes müssen zunächst auf die Unternehmensziele gerichtete Schlüsselfaktoren (Key Performance Indicator) definiert werden. Das jedem EIS-Aufbau zu Grunde liegende methodische Vorgehen hierzu besteht aus den folgenden drei Schritten:

    • Aus den übergeordneten Unternehmenszielen werden wenige kritischeErfolgsfaktoren abgeleitet (in der Regel nicht mehr als 6).

    • Es werden Indikatoren zur Messung der kritischen Erfolgsfaktoren bestimmt.

    • Die Indikatoren werden gemessen.

    Für jeden Indikator sind Schwellenwerte zu definieren, sodass bei Über- oder Unterschreiten der Grenzen vom Exception Information System ein Signal abgesetzt werden kann. Anders als bei den starren, zyklischen Datengewinnungsverfahren der Management-Informationssysteme muss beim Einsatz des datengetriebenen (data driven) Exception Reporting von dynamischen Aktualisierungen der Datenstrukturen und Dateninhalte ausgegangen werden. Abweichungen von definierten Sollwerten werden dabei in der Regel durch farbige Markierungen (Color-Coding) dargestellt. Farbgebung und Layout lassen sich dem persönlichen Empfinden des Benutzers anpassen.

    Neben den datengetriebenen Ausnahmeberichten gibt es als zweite Form des Exception Reporting noch die statischen „Briefing-Books“, die als Standardberichtswesen mit vordefinierten Berichtskatalogen aufgefasst werden können. Sie werden routinemäßig erzeugt, erlauben aber keine dynamischen Datenzugriffe und können auch nicht als aktive Signalsysteme verwendet werden.

  • Trendanalysen

    Tagesaktuelle Kennzahlen des Unternehmens und die auf das Persönlichkeitsprofil des Anwenders zugeschnittene Auswahl von Informationen bilden zwar den Kern von EIS, dennoch bieten viele dieser Systeme auch die Möglichkeit der zeitlichen Exploration, der Sensitivitätsanalyse und der Zielsuche. Die angebotenen Funktionalitäten reichen aber bei weiten nicht an die Möglichkeiten von Decision Support Systemen (Decision Support System) heran.

  • Kommunikation

    Das EIS muss die Einbindung von externen Datenquellen (Informationsdienste) gewährleisten und die Versendung von Informationen in beliebiger Form (Hypermedia) an alle internen Kommunikationspartner ermöglichen. Das Empfangen und Versenden der elektronischen Post (E-Mail) muss einfach gestaltet und intuitiv zu bedienen sein. Darüber hinaus müssen sich externe Informationen (Aktienkurse, Brancheninformationen) mit internen Zeitreihen verbinden lassen. Auch sollten Randbemerkungen eingefügt werden können, und die Weiterversendung darf auf keine Schwierigkeiten stoßen.

    Bei dieser einfach gestalteten Informationsaufbereitung mit persönlichen Kommentierungen kann im Zusammenspiel mit der weltweiten elektronischen Versendung durchaus von einer führungsorientierten Informationsverarbeitung gesprochen werden.

3. Architektur von EIS

Kernstück jeder „EIS-Architektur“ ist die Datenbasis, sodass besonderes Gewicht auf ihre Konzeption gelegt werden muss. Erst auf der zweiten Ebene ist die Entwicklungsumgebung mit den dazugehörigen Werkzeugen und Generatoren angesiedelt, die wiederum die Basis für die EIS-Anwendung ist.

In Bezug auf die Hardware lassen sich die in der folgenden Tabelle dargestellten Verteilungskonzepte unterscheiden:

Die Problematik von EIS-Anwendungen besteht in erster Linie in der Forderung des Managements nach einer umfassenden, aktuellen und schnellen Informationsversorgung. Da als EIS-Front-End Workstations oder PCs vorgegeben sind, kommen zur Erfüllung dieser Forderungen grundsätzlich folgende Vorgehensweisen in Betracht:

  1. Alle benötigten Informationen werden auf dem Host abgelegt und nach Abruf aufbereitet.

  2. Es werden vordefinierte Informationssegmente zyklisch auf dem Host erzeugt und auf dem PC verwaltet.

In der betrieblichen Praxis wird man fast immer eine Mischung aus verschiedenen Datenhaltungsstrategien vorfinden. Die integrierte Datenbank mit verzugslosem Zugriff bleibt (vorerst wenigstens noch) Utopie.

4. EIS-Entwicklungsumgebung

Überwiegend werden zur Erstellung von EIS-Anwendungen Werkzeugumgebungen eingesetzt, die entweder einem bereits vorgefertigten EIS gleichen oder aber den Charakter einer Toolbox haben. Alle Entwicklungswerkzeuge, die für den Aufbau, die Weiterentwicklung und die Wartung von EIS-Anwendungen benötigt werden, sind unter einer einheitlichen Oberfläche zusammengefasst. Die höchste Effektivität versprechen dabei solche Entwicklungsumgebungen, die selbst Datenhaltungssysteme und volle EIS-Funktionalitäten anbieten. Besondere Vorzüge weisen Systeme auf, die objektorientierte Oberflächen anbieten und bereits eine hohe Kompetenz in der Datenverwaltung aufweisen konnten.

Die einzelnen Produkte unterscheiden sich erheblich hinsichtlich ihrer Funktionalität, ihrer Hardwarevoraussetzungen und ihrer Integrationsfähigkeit. Die bedeutendsten Anbieter sind auf allen Hardwareplattformen vertreten, kleinere Anbieter konzentrieren sich vor allem auf PC-basierte lokale Lösungen.

5. Entwicklung und Einführung von EIS

Eine erfolgreiche Entwicklung und Einführung von EIS ist davon abhängig, ob das Management in die Entwicklung des Systems eingebunden werden kann. Die Entscheidungsträger, auf die das System schließlich primär ausgerichtet ist, müssen ihre Wünsche artikulieren und das organisatorische Umfeld für ein EIS schaffen. Ausgehend von diesem Anforderungskatalog muss das Projektteam Prototypen entwickeln, welche kurzfristig einsatzfähige Module bereitstellen.

Erfolgreich durchgeführte EIS-Implementationen laufen häufig nach folgenden Muster ab:

  • Ein innovationsfreudiger Manager übernimmt die Leitung des Projektteams.

  • Das EIS sollte so einfach wie möglich konzipiert sein.

  • Durch eine frühzeitige Einbindung der EDV-Mitarbeiter wird die Gestaltung der technischen Rahmenbedingungen wesentlich erleichtert.

  • Die Datenanforderungen und Datenverfügbarkeiten müssen rechtzeitig abgestimmt werden.

  • Durch Entwicklung eines Prototypen können die Vorteile der Informationsbereitstellung und Informationsaufbereitung frühzeitig herausgestellt und verdeutlicht werden.

  • Durch ständige Kommunikation und Abstimmung von EIS-Entwickler und Projektleitung werden Missverständnisse so weit wie möglich vermieden.

  • Das EIS wächst am besten über die einzelnen Teillösungen stufenweise zu einem unternehmensweiten und unternehmensübergreifenden Informationssystem.

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