Controlling-Lexikon

[Controlling_dropdown]

[Steuerlex24-Search-all]

Qualitätszirkel

1. Überblick

Bei Qualitätszirkeln handelt es sich um kleine, institutionalisierte Gruppen von ca. fünf bis zehn Mitarbeitern, die regelmäßig zusammentreffen, um in ihrem Arbeitsbereich auftretende Probleme freiwillig und selbstständig zu bearbeiten. Die Sitzungen werden vom Vorgesetzten oder einem Kollegen geleitet bzw. moderiert, dauern etwa ein bis zwei Stunden und finden in der Regel wöchentlich während der Arbeitszeit statt.

In den Sitzungen werden die von den Gruppenmitgliedern selbst ausgewählten, arbeitsbezogenen Schwachstellen oder Probleme diskutiert und systematisch untersucht. Zur Bearbeitung der Problemstellungen werden die Mitglieder des Qualitätszirkels in der Anwendung einfacher Qualitätswerkzeuge wie zum Beispiel Brainstorming, Fehlersammelliste, ABC-Analyse und Ishikawa-Diagramm geschult.

Die Umsetzung der Lösungs- bzw. Verbesserungsvorschläge erfolgt nach Genehmigung des Entscheidungsträgers eigenverantwortlich durch die Gruppe, sofern keine externe Unterstützung benötigt wird. Auch der bei der Umsetzung erzielte Erfolg wird durch die Gruppe selbst kontrolliert.

Für Qualitätszirkel verwendet man häufig auch andere Bezeichnungen wie zum Beispiel „Qualitätsgruppen“, „Quality Control Circle“, „Qualitätsgesprächskreise“ oder „Problemlösungsgruppen“. Ziel, Inhalt und Ablauf entsprechen aber weitgehend dem, was hier unter Qualitätszirkel verstanden wird.

2. Der Ursprung und die Entwicklung

Auf Basis westlicher Managementmethoden, Motivationstheorien und Arbeitsstudien entwickelte Prof. K. Ishikawa (Tokio) unter Berücksichtigung des philosophischen, kulturellen und wirtschaftlichen Hintergrundes Japans bereits Anfang 1950 das so genannte „Quality Control Circle (QCC)“-Konzept. In den 60er und 70er Jahren löste er damit eine „nationale Bewegung“ aus, um der schlechten Produktqualität und Produktivität der japanischen Industrie zu begegnen. Mittlerweile gibt es in Japan weit mehr als 1 Million Quality Circles mit mehr als 10 Millionen Mitgliedern aus allen Hierarchieebenen.

Auch in anderen Industrieländern gehören Qualitätszirkel inzwischen zu den bekannten und bewährten Bausteinen einer mitarbeiterorientierten Führung. In Deutschland kam es Anfang der achtziger Jahre im Zuge der aufkommenden „Japan-Hysterie“ sogar zu einer explosionsartigen Verbreitung des Qualitätszirkel-Konzepts als neue Form der Gruppenarbeit. Dabei trugen die Aussicht auf Produktivitäts- und Qualitätssteigerung und auf größere Mitarbeitermotivation dazu bei, dass Qualitätszirkel schon kurze Zeit später als Symbol für modernes partizipatives Management galten.

Anmerkung:

Dieser Boom resultierte vor allem aus der Veränderung der Wettbewerbssituation. Der Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt und der sich verschärfende internationale Wettbewerb (nicht zuletzt durch die zunehmende Konkurrenz aus Japan) zwang die Unternehmen, Rationalisierungsmöglichkeiten zu suchen. Ferner führten ein verändertes Qualitätsbewusstsein der Konsumenten, der Wertewandel in der Gesellschaft und die Forderung nach mehr Mitbestimmung am Arbeitsplatz zu der Abkehr von den zuvor vorherrschenden tayloristischen Prinzipien.

Nachdem zunächst große internationale Produktionsunternehmen das Konzept der Gruppenarbeit eingeführt hatten, folgten in der zweiten Phase auch mittelständische Betriebe inklusive verschiedener Dienstleistungsunternehmen, wie zum Beispiel Banken und Versicherungen. In der jüngsten Vergangenheit wird schließlich verstärkt versucht, Qualitätszirkel auch in Büro- und Verwaltungsbereiche zu implementieren.

3. Merkmale von Qualitätszirkeln

Bei einem Qualitätszirkel handelt es sich um eine kleine Gruppe von Mitarbeitern, die sich regelmäßig auf freiwilliger Grundlage treffen, um Probleme aus ihrem Arbeitsbereich zu bearbeiten. Eine einheitliche Definition hat sich – bedingt durch die verschiedenen Anforderungen und Problemstellungen – zwar nicht herausgebildet, dennoch ist eine deutliche Übereinstimmung in Konzeption, Implementierung und Beurteilung bei vielen Beispielen in der Praxis festzustellen. So lässt sich ein Qualitätszirkel in der Regel durch folgende Merkmale beschreiben:

  • Es handelt sich um Diskussionsrunden, die sich aus fünf bis zehn Mitarbeitern zusammensetzen.

  • Die Teilnehmer kommen auf freiwilliger Basis zu regelmäßigen Treffen zusammen, um auftretende Probleme in der Arbeitssituation zu besprechen und im günstigsten Fall eigenverantwortlich zu lösen.

  • Die Themen werden von der Gruppe selbster ausgewählt.

  • Die Moderation der Diskussionsrunde übernimmt entweder einer der Mitarbeiter, der direkte Vorgesetzte der Mitarbeiter, ein Meister oder – vor allem bei Großunternehmen – externe Qualitätsgruppenbetreuer aus anderen Unternehmensbereichen (häufig Mitarbeiter der Qualitätssicherung).

  • Neben Produktqualität wird Wert auf Fragen der Arbeitsplatzsicherheit, der Arbeitsplatzgestaltung bezüglich der Produktionsbedingungen und der Kooperation mit den Vorgesetzten gelegt.

  • Die Diskussionsrunden mit einer Länge von ein bis zwei Stunden werden innerhalb der bezahlten Arbeitszeit durchgeführt. Ist dies aus Gründen der Arbeitsorganisation nicht möglich, so finden die Treffen vor oder nach der Schicht statt und werden wie Überstunden bezahlt.

  • In der Regel berichten die Moderatoren mithilfe eines Ergebnisprotokolls einem Koordinator über die besprochenen Themen.

  • Die entwickelten Vorschläge zur Problemlösung können durch ein eigenes Belohnungssystem, zum Beispiel im Rahmen eines gesamtbetrieblichen Vorschlagswesens honoriert werden (Anreizsysteme).

4. Ziele beim Einsatz von Qualitätszirkeln

Grundgedanke bei der Entwicklung und Einführung von Qualitätszirkeln war die Erkenntnis, dass sich das geistige und praktische Potential der Mitarbeiter für das Unternehmen noch wesentlich stärker als bisher nutzen lässt. Es entspricht zudem dem Leitgedanken einer mitarbeiterorientierten Führung, den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, ihre Ideen, Vorstellungen und Erfahrungen einzusetzen. Aus der Mitgestaltung der betrieblichen Bedingungen resultiert sowohl ein höheres Selbstwertgefühl als auch eine Identifikation mit der Arbeit und dem Unternehmen insgesamt.

Letztlich erhofft man sich durch den Einsatz von Qualitätszirkeln natürlich auch einen ökonomischen Vorteil für das Unternehmen, der sich insbesondere durch QualitätssteigerungenQualitätscontrolling ergeben soll. Hauptziel ist also eine Verbesserung der unternehmerischen Leistungsfähigkeit durch verstärkte Einbeziehung der Mitarbeiter. Dabei bezieht sich die Verbesserung der Leistungsfähigkeit vor allem auf die technische Qualität, die Verfahrensqualität und die soziale Qualität.

5. Die Durchführung von Qualitätszirkeln

Die Implementierung von Qualitätszirkeln im eigenen Unternehmen vollzieht sich – trotz unterschiedlicher individueller Schwerpunkte – prinzipiell in vier Schritten:

Schritt 1: Vorbereitung

  • Entscheidung der Unternehmensleitung zur Qualitätszirkelarbeit

  • Vorbereitende Gespräche mit Führungskräften und Betriebsrat

  • Entscheidung über (monetäres) Anreizsystem

  • Bildung einer verantwortlichen Projektgruppe

  • Auswahl von Koordinatoren

  • Erstellung eines firmenspezifischen Qualitätszirkelkonzeptes

  • Information aller Mitarbeiter

  • Detailplanung (Inhalt, Ablauf etc.)

  • Auswahl und Schulung von Vorgesetzten bzw. Zirkelleitern

Schritt 2: Durchführung von Qualitätszirkel

  • Schulung der Zirkelmitarbeiter

  • Aufzeigen von Problembereichen durch die Gruppenmitglieder

  • Bildung einer Problemrangfolge

  • Abstimmung der Gruppe mit dem Koordinator

  • Problemanalyse

  • Entscheidung über Abbruch (oder Problemteilung, -weitergabe an Fachabteilung etc.) oder Entwicklung von Lösungsvorschlägen

  • Bewertung der entwickelten Lösungsvorschläge

  • Präsentation der Ergebnisse

Schritt 3: Umsetzung der Qualitätszirkel-Empfehlungen

  • Entwicklung eines Maßnahmenplans zur Umsetzung der Empfehlungen

  • Berichterstattung an den Koordinator und Abstimmung mit Steuerungskomitee

  • Vorbereitende Maßnahmen (Information, Schulung, Budgeterstellung etc.), sofern erforderlich

  • Schrittweise Umsetzung

Schritt 4: Controlling der Qualitätszirkelarbeit

  • Erfolgskontrolle durch die Gruppenmitglieder

  • Überlegungen bezüglich der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Bereiche

  • Ergebnisbericht an Koordinator und Steuerungskomitee

  • Anerkennung des Einsatzes und der Ergebnisse durch Unternehmensleitung, Vorgesetzte etc.

  • Entscheidung über weiteres Vorgehen (nächste Problemstellung) bei der Qualitätszirkelarbeit

  • Information an alle Mitarbeiter über die gemachten Erfahrungen, Ergebnisse, Beteiligte etc.

Bei der Umsetzung dieser Schritte ist die Kooperation und Mitarbeit einer Reihe von Trägern der Qualitätszirkelarbeit erforderlich. Hierzu gehören:

5.1 Die Mitglieder der Qualitätszirkelgruppe

Eine Qualitätszirkelgruppe setzt sich in der Regel aus 5 bis 10 Mitarbeitern zusammen. Die Mitglieder kommen aus demselben Arbeitsbereich und nehmen freiwillig an der Gruppe teil. Zum großen Teil kommen die Mitarbeiter aus der Produktion. Es gibt aber immer mehr Qualitätszirkelgruppen mit Mitgliedern aus allen Unternehmensbereichen.

5.2 Der Zirkelleiter

Die Qualitätszirkelgruppe wird von einem Mitarbeiter geleitet, dessen Aufgabe zunächst in der Vermittlung der Techniken der Qualitätszirkelarbeit an die Teilnehmer besteht.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Qualitätszirkelarbeit ist eine gezielte, auf die Qualitätszirkelarbeit abgestimmte Ausbildung. Hierzu gehört auch das Erlernen bestimmter Arbeitstechniken, wie zum Beispiel Brainstorming, Kreativitätstechniken, ABC-Analyse, Techniken zur Datensammlung und -aufbereitung, Erstellung von Grafiken, Einsatz von Erfolgsdiagrammen, Ergebnispräsentation etc. Dies setzt insbesondere beim Zirkelleiter eine gründliche Ausbildung voraus. Eine noch größere Bedeutung haben für den Zirkelleiter allerdings Ausbildungsbereiche wie Mitarbeitermotivation, Gruppendynamik, Diskussionsleitung, Moderationstechniken etc.

Die Position des Zirkelleiters wird im Produktions- und Werkstattbereich vorrangig mit der Person des Meisters besetzt, ausnahmsweise auch mit besonders geeigneten Mitarbeitern.

5.3 Der Koordinator

Der Koordinator ist für die organisatorische Betreuung der verschiedenen Qualitätszirkelgruppen des Unternehmens verantwortlich. In der Regel kommt er aus dem unteren oder mittleren Management.

Durch Planung, Organisation und Koordinierung initiiert der Koordinator die Qualitätszirkelarbeit. In der Einführungsphase gehören hierzu die Information der Mitarbeiter über das Konzept der Qualitätszirkel, die Auswahl der Zirkelleiter in Abstimmung mit der Steuerungsgruppe sowie die Organisation und Überwachung der Ausbildung der Zirkelleiter. Nach der Einführung ist er für die materielle Unterstützung der Qualitätszirkelgruppen und die Koordination der verschiedenen Aktivitäten verantwortlich. Besonders wichtig ist hierbei das Beschaffen von Daten aus anderen Unternehmensbereichen. Oft ist der Koordinator auch Mitglied in der Steuerungsgruppe.

5.4 Die Steuerungsgruppe

Die Steuerungsgruppe setzt sich aus vier bis fünf Mitgliedern der höchsten Managementebene zusammen. Die primäre Aufgabe dieser Instanz besteht darin, den unternehmerischen Willen zur Einrichtung, Durchführung und Kontrolle von Qualitätszirkeln zu repräsentieren. Ihre Tätigkeit beginnt mit der Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes. Hier steht dann die Information aller Mitarbeiter über die Ziele der Qualitätszirkelarbeit an erster Stelle. Ferner sind Entscheidungen über Zeitplan, Pilotbereiche und Umfang der Qualitätszirkelarbeit zu treffen. Personelle Entscheidungen beschränken sich auf die Auswahl der Koordinatoren und Zirkelleiter.

Der Steuerungsgruppe obliegt ferner die Erfolgskontrolle und die Entgegennahme der Berichte und Entscheidungen bezüglich der Realisierung weitreichender Lösungsvorschläge.

6. Kosten und Nutzen von Qualitätszirkeln

Qualitätszirkel befassen sich prinzipiell mit allen betrieblichen Bereichen, zum Beispiel einer schnelleren Reklamationsabwicklung, einer exakteren Bildungsbedarfsanalyse, dem Reduzieren der Ausschussquote, der Substitution von teuren Betriebsstoffen, einer besseren Koordination mit der Hauptverwaltung etc.

Aufgrund der Vielzahl der möglichen Betätigungsfelder und der unterschiedlichen individuellen Schwerpunkte können keine allgemeingültigen Aussagen über Kosten und Nutzen von Qualitätszirkeln gemacht werden.

Lassen sich die zusätzlichen Kosten noch relativ einfach und gesichert ermitteln, so tauchen bei der Nutzenerfassung von Qualitätszirkeln nicht selten größere Probleme auf. Dennoch steht der durch die Qualitätszirkelarbeit in Einzelfällen erreichbare hohe ökonomische Nutzen außer Zweifel.

Zurück
Nach oben